Lyrik
Trochäus
Dass die Hohlkehle einer Säule Trochillus heißt,
dass Übersetzungen ins Deutsche, mal das Rad, mal die Drehung, mal das Laufen nennen,
und dass im Englischen von 1825 eine Verbindung mit dem Wort „Truck“ und rein alphabethisch hier auch die „Trope“ steht, und zwar mit der Bedeutung „den Sinn zu drehen“, das ist doch zumindest eine Bemerkung wert.
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Patmos
15 Strophen à 15 Verse
Triadische Konfiguration 5 x 3, oder (2 + 3) x 3 ; die Zahlenreihe 2-3-5.
– zwei Silben in zwei Worten „Nah ist“ eröffnen.
Versfüße
die binäre Darstellung von Ikten und der ihr folgenden (eine- oder zwei- oder keine) Senke; und
Kola
die farbige oder graue Darstellung von Sinn-Einheiten, gefiltert auf das Kriterium: mit oder ohne umschlossenen Choriambus.
Ich mache mir selber visuell etwas vor. Vielleicht ist das ja ein Weg, ein Steg, ein Pfad, ein Bach, ein Ufer.
Beide Perspektiven übereinander gelegt, haben auch Charme:
die Mittelstrophe
Aufgelöst in Dreiergruppen:
Aufgelöst in 5-er Gruppen:
Für die Unermüdlichen:
Die Kola von Patmos , als Versteile herausgenommen und sortiert.
Mein Silbendoktor
Quelle/Link: YouTube Channel der Max Planck Society
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Eine Silbe
ist ein wahrer Nukleus der Sprache, im Text, im Gedanken, im Sprechen.
Wie sind Silben aufgebaut? Wie werden sie gesprochen? Welche Merkmale gehören den Silben, in welchen Gruppen, mit welchem phonetischen, gedanklichen und textlichen Resultat? In der
Fügung der Silben
zueinander, sowie in der Gestalt jeder einzeln Silbe in sich, offenbart sich ein weiterer Kosmos. Unser Sprechapparat ist so flink und präzise, wir verschwenden kaum Bewusstsein an die Formung unserer Laute; wir spielen dieses Instrument, wie ein(e) geübte(r) Musiker(in).
Aber es lohnt die Lupe.
Einen ausführlichen Überblick zur Silbe liefert Wikipedia. Auch zur IPA-Lautschrift, zur Linguistik und Phonetik und Phonologie, sowie weiterführend zur Syntax. Tiefer gehende Erkenntnisse und Forschungen sind im Internet recht einfach zu finden.
Bei Christian Lehmann sehr ausführlich die Phonetik und ihre Ränder,
auch in der Wikipedia: Interessantes zur Hierarchie der sonoren Laute,
von der Uni Ulm: Ausführliches zur Tonhöhenwahrnehmung,
und unter mediensprache.net Rhythmus und Sprache, Akzent, Ton und Pause aus etwas anderer Sicht.
usw.
Mich interessiert hauptsächlich zweierlei, erstens:
der Atem
Wegen der Pausen. Rhythmus besteht aus Pausen. Es gibt Gedankenpausen, Pausen zwischen Teilen und Pausen in der Monotonie. Und der artikulatorisch bedingte, und akustisch messbare Atemverschluss ist eine höherfrequente, in mehreren Lagen angewendete Fügung von Pausen in der Sprache.
Wo schließt (sich) der Atem? Wo, im temporalen Sinne von Momentort in der Schallwellensprache, und wo, im Sinne von Ort im Sprechapparat (Lippen, Glottis etc).
Zweitens, und dies ist die Folge aus erstens, verweist diese Frage (nach dem Ort des Objektes, hier der Atemverschluss) auf die Schere zwischen
Schrift und Laut
Keinem der geschriebenen Zeichen ist zu vertrauen in der Klangformung. Ein –er am Wortende von aber ist eine anderere Laut- und Klangfolge, als dieselbe Silbe im Wort Erde. Wie kann bewusst artikulierte Sprache beide Seiten bedienen? Die buchstabengenaue semantische Begriffswelt des Wortes, und seine fließend, aber millisekündlich erfassbare, phonetische Erschaffung, also die Versprachlichung des Textes?
Sowohl harte (stimmlose) Plosive wie t und p und k, als auch ihre stimmhaften Geschwister d und b und g verschließen den Atem, jeweils an anderem Ort im Sprechapparat.
Vor Vokalen einer Stammsilbe schließt sich der Atem, Worte wie Uhr, Abend, irr etc „knallen“ immer rein, können nicht an ihre Vorsilbe, auch steht diese im selben Wort, geschleift werden. Auf der Schule damals begegnete mir das Spielchen um Blumentopferde.
Mehrere Datenbanktabellen, gekoppelt durch Algorithmen, geben die Elemente der jeweiligen Lautgruppen per Buchstabe/Einzelklang/-Laut in IPA-Code wieder. Unten in grün die Auswahl, dazu Verlängerung [:] und Glottsiverschluss vor Silbenanlautvokal [?] Oben das Resultat in Dunkelrot.
Das O in Obst kann geschlossen-gespannt (hochdeutsch) oder, mehr oder weniger offen, im
Dialekt
artikuliert werden. Und, würde zum Laut s in Obst neben stimmhaft z und stimmlos s, auch die IPA-Lautvariante ʃ (Stuhl) erscheinen, hätten wir den Dialektraum Obscht, (schwäbisch u.a.) mit erschlossen.
Wie offen oder gespannt das i von ins artikuliert wird, und wie das -ar von Zwar ans i von ins gebunden wird, und wie genau die stimmlosen -bst von Obst artikuliert werden, das ist
Feinschliff
Und wer einen solchen Feinschliff im Vers
Ach! der Menge gefällt, was auf den Marktplaz taugt,
anwendet, macht erst das sonore Spiel auf e-ä-a deutlich, und dann den Rhythmus der Plosive (4 x t, 2 x g, 1 x k , 1 x z/tz).
Für H-Feinschmecker:
ich beginne gar nicht erst mit Anagrammen und deren, durch die Lupe geschautes Gebäude.
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Maaß
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DER RHYTHMUS UND DIE KÜNSTE.
NEUHOCHDEUTSCHE METRIK. EIN- HANDBUCH VON D R J. MINOR. (in Auszügen)
Unter der Metrik verstehen wir mit Westphal die Lehre von denjenigen rhythmischen Formen, die in der Dichtkunst zur Erscheinung kommen.
Denn nicht die Dichtkunst allein bedient sich des Rhythmus. Schon die alten Griechen pflegten die Künste in bildende und in musische zu unterscheiden. Die bildenden Künste (Malerei, Architektur, Plastik) stellen sich unmittelbar und als fertiges Product, ruhend im Raume, dar; ihre Schönheit beruht auf der formalen Ordnung des unbewegten Raumes, auf der Symmetrie. Die musischen Künste dagegen beruhen auf der formalen Ordnung der bewegten Zeit, auf dem Rhythmus. Sie stellen sich aber nicht unmittelbar selbst dar, sondern sie werden erst von der Mittelsperson eines vortragenden Tänzers, Sängers oder Schauspielers durch Bewegung im Verlauf der Zeit reproduziert.
Die musischen Künste unterscheiden sich wieder, je nachdem sie durch sichtbare Bewegungen der Körper auf das Auge (Tanz) oder durch hörbare Bewegung der Luft (Töne) auf das Gehör wirken. Sind die Töne unarticuliert, so entsteht die Musik; sind sie articuliert, so entsteht die Poesie. Aber alle drei Künste waren ursprünglich eine; heute noch ist der Tanz mit der Musik unlösbar verbunden. Die Poesie hat sich freigemacht, erscheint aber in der Lyrik und im Drama immer noch gern Hand in Hand mit einer der beiden Schwestern oder gar im alten Dreibund. Das Band, das die drei Künste auch heute noch vereinigt, ist der Rhythmus, das Gleichmass der Bewegung.
Musik und Poesie beruhen beide auf rhythmischen Tönen. Aber in der Musik kommt ausser dem Rhythmus noch die Höhe und Tiefe der Töne (Melodie) und ihr Zusammenklang (Harmonie) in Betracht; in der Poesie steht über dem rhythmischen Werth der Töne die geistige Bedeutung der Worte. Die Musik ist immer und überall an den Rhythmus geknüpft, mit dem auch die Poesie in den ältesten Zeiten untrennbar verbunden ist. Aber der Satz Wilhelm Schlegels: „keine Poesie ohne Silbenmass“ entspricht nicht der Erfahrung. Die Geschichte der Dichtung lehrt vielmehr, dass gerade in hochentwickelten Literaturen eine Verwischung der Grenzen zwischen Poesie und Prosa eintritt: es entsteht eine unrhythmische Poesie (im Roman und im Drama) und umgekehrt eine rhythmische Prosa (in Goethes Weimarischen Dichtungen; bei Hölderlin. Jean Paul, Hülsen und anderes Romantikern).
Und auch die Beobachtung der metrischen Kunst zeigt deutlich diesen Entwicklungsgang. Sie steht in den älteren Zeiten, wo Dichten mit Versemachen gleichbedeutend war und wo es mehr von dem Rhythmus als von dem Inhalt abhing, ob ein Product als Poesie oder als Prosa galt, der Musik näher und schaltete freier mit den Worten, die für sie wie für die Musik blosse Töne waren, zum Vortrag durch den Gesang bestimmt. Je höher aber die Dichtung entwickelt ist, umsomehr Gewicht legt sie auf den Sinn und auf den Gedanken, umsomehr hat sie den Wortaccent und die Satzbetonung zu berücksichtigen. Der Dichter und der Vortragende sind hier weniger frei. Die Verse sind rhythmisch unvollkommener und werden weniger nach dem Rhythmus als nach dem Sinn vorgetragen : sie sind eben darum metrisch vollkommener. Denn alle metrischen Erscheinungen beruhen auf einem Ausgleich zwischen den musikalischen Anforderungen des Rhythmus und den Anforderungen des Sinnes, und die vollkommenste Verskunst ist nicht die, welche die stärkste musikalische Wirkung wenn auch auf Kosten des Sinnes erzielt, sondern diejenige, welche den Gedanken am innigsten mit dem Rhythmus vermählt.
VERHÄLTNIS DES DEUTSCHEN VERSES ZUM ANTIKEN.
Der Hauptunterschied zwischen dem antiken und
dem deutschen Verse aber besteht darin, dass bei den Alten
der Versaccent gegenüber dem Wortaccent frei ist, während
bei den Deutschen das Zusammentreffen beider gefordert wird.
NEUHOCHDEUTSCHE METRIK. EIN- HANDBUCH VON D R J. MINOR. 0. Ö. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT WIEN. STRASSBURG. VERLAG VON KARL J. TRÜBNER. 1893. C. Otto’s Hofbuchdruckerei in Darmstadt.
https://archive.org/stream/neuhochdeutschem00minouoft/neuhochdeutschem00minouoft_djvu.txt
abgerufen 25-07-2018
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Kontemplativ oder metrisch?
Der Trochäus, das schwingende Rad.
Achtung!
Jetzt wird’s visuell abstrakt, aber auch anschaubar.
Ein Elfsilber, ein Hedekasyllabus, fließt durch 11 Silben mit meistens einer Zäsur zwischendurch. Eine regelkonforme Teilung ist 4 + 7.
Wie verhält sich 4 gegen 7? Was ist der Unterschied zu 3 gegen 8? Oder 3 + 5 gegen 3? usw.
Um ausserhalb von Phonetik, Sprechmuskulatur und Theorie einen Zugang out of the box zu schaffen, wird die Schwingung von Atem, Schritt, Herz und Welle primitiv visualisiert.
Ein Punkt wandert auf einer Kreisbahn erst in die eine Richtung, dann anders herum (Strophe, Vers etc.), in einer bestimmten Frequenz.
Ein zweiter Punkt wird eingefügt, gleiche Bedingungen, andere Schlagzahl.
Beide Punkte werden miteinander verbunden.
Im Algorithmus wird die Frequenz verändert, soweit, dass die entstehende hochfrequente Bildfolge sowohl mit der 50 Herz Wiedergabefrequenz meines Bildschirms, als auch mit der Renderfrequenz der Internetmedien konfrontiert wird. Es entstehen Lücken, ein Geflimmer ist die Folge, wobei doch ordentlich mit 25 fps das Video läuft.
In dieser Unschärfe, in diesem Gezappel, erscheint eine Struktur, eine Bewegung. Es scheint wie Schatten meiner Klarsichtfolien.
Und ich suche den Schritt durch diese Bewegung, den natürlichen, dipodischen Fortgang.
Die scheinbaren Doppelstrukturen seien mir erster Fund. Eine Spiegelung der Verhältnisse durch die Zeitachse. Dadurch kann ich anders-sinnlich erfassen, dass ein Choriambus zu Beginn eines 11-Silbers einen anderen Rhythmus braucht, eine rhythmisch andere Denke, als zu Beginn eines 7-Silbers. Es herrschen andere Verhältnisse.
Langsam (donnernd) begonnen mit einem komplizierten Verhältnis: vier gegen sieben Zyklen, in der selben Zeitspanne.
4 gegen 7
Frequenz x 15
Frequenz x 2020
4 gegen 7 | 3 zu 8 | 3 + 5 | 1:2 , 2:4 , 3:6 … |
auf Verhältnisse schauen, mittels Zahlen, sei das eine. Diese sprachlich zu erfüllen, das andere.
Aber nun erstmal nur anschauen. Rhythmus ist Anschauung.
3 gegen 6
höhere Frequenz
noch höhere Frequenz
Hoppla
es erscheint nicht wirklich Ruhe, aber aus zwei gleichwertigen, gleichzeitigen Punkten und ihrer Verbindung werden mehrere. Es wurden aber nur zwei Punkte programmiert!
Visuals! digitale Performanz, und das Auge sucht Kompromisse; der Bildschirm tut, was er kann, die Software hat schnelle Bilder produziert, aber via Medium Internet-Browser kommen Unschärfen, hier eben Lücken, hinzu.
Übrigens: über das Medium Stimme kommen auch Lücken, eben andere! Auch das Medium Buch und Bleisatz-Auge besteht aus Lücken.
Natur
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ein zentraler, ewiger, a priori gesetzter Begriff im Hölderlin.
Niemals kann in der durchgearbeiteten Sprache dieses Wort in Rhythmus, Prosodie und Syntax irgendwie platziert werden. Natur steht immer an exponierter Stelle im Vers und in den größeren Strukturen.
Ein Quereinsteiger-Weg zur Erfassung der heutigen Bedeutung, die Übersicht über Assoziationen, Gewohnheiten der Sprache, aber auch mediales Framing der letzten hundert Jahre werden sichtbar.
Ein Abschnitt zeigt allgemein die häufigsten grammatikalischen Verbindungen. Die menschliche Natur, in freier Natur …
Ein weiterer Abschnitt zeigt die häufigsten Genitiv-Verbindungen, wie zum Beispiel: eine Laune der Natur, oder Naturgesetz (das Gesetz der Natur), siehe selbst, ein Dritter wiederum allgemeine Themenorte, mit welchen das Wort Natur in Verbindung steht.
Mit diesen Begriffen muss ich also rechnen, wenn ich das Wort sage.
Bei DWDS sehr detailliert und übersichtlich abrufbar,
Bedeutung:
Natur f. ‘Gesamtheit des Gewachsenen, Gewordenen, Landschaft mit Tier- und Pflanzenwelt, Wesen, Anlage, Charakter’
organische Körper, Gewächse
aber auch in Lateinischen Texten:
nātus (gnātus) Sohn,
Plur. nati, Kinder,
von Tieren, die Jungen
ein Mensch
was ohne Anbau wächst
zu etw. geboren, zu etw. geschaffen, von Natur zu etw. bestimmt, dah. geschickt, geeignet
irgendwie (von Natur) beschaffen
irgendwie alt, in einem Alter von
Alles, was geboren wurde gehört der Natur.
Damit betreten die Begriffe nativ, Nation und über den Vornamen Natalie selbst Weihnachten die Bühne.
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Projektplanung
Angefangen habe ich vor zwei Jahren, sozusagen mit zwei Eimern voll Wasser und einer rutschigen Bahn. Das letzte Jahr bestand aus freiem Flug, und jetzt bin ich treffsicher gelandet. Bis November 2019 kann ich noch nicht Ross und Reiter nennen, aber soviel Kryptisches geht: Die Kombination von Beethoven und Hölderlin wird auf höchstem Niveau konzipiert, erarbeitet und dargeboten, aber nicht in Deutschland und nicht in Österreich.
Quelle: Facebookposting
Wortprofile im Laufe der Zeit
Auf der Internetpräsenz des Digitalen Wörterbuches der Deutschen Sprache gibt es ein interessantes Feature, nämlich die Darstellung von, und den Zugang zu der rein quantitativ ermittelten Häufigkeit eines Begriffes in verschiedenen Textkorpora (Zeitung, Wissenschaft, Belletristik etc).
Hier nun die Grafiken zu einigen Worten, auf deren Entwicklung durch die Zeiten ich neugierig war.
Ich besuche diese Seite immer mal wieder, um zu sehen, ja, was eigentlich, wie die Sprache durch die Zeit geht.
Die senkrechte Linie liegt ca. auf dem Jahr 1789.
Silben schieben
Vier verschiedene Intonationen des ersten Distichon in Brod und Wein. Ein Weg, wie Sprache sich zur Musik hin bewegt.
Dass der Cursor nicht auf dem bewegten Wort liegt, dass die Einzelworte nicht exakt über ihrer Position in der Mittelzeile stehen, das sind alles meine Dilettantenfehler.
Eine solche, gar nicht aufwändige Installation könnte per Touchscreen angesteuert werden, aber auch mit den Füßen auf einer Kontaktmatte, oder durch Bluetooth Air-Drum-Module erfassten Handbewegungen im Raum. Diese Grundidee wird sicherlich weiterverfolgt und Wiedergeburten erleben.
siehe auch die kurze Umschreibung einer Variante hierzu unter dem Artikel erste Anwendungen.
Pathos
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Hölderlin und Pathos – da beugen sich einige Fußnägel. Liegt der Grund dieser Krümmung in einer Befürchtung, im Sinne von Fremdschämen? Ist es ein Geschmack, im Sinne des bildungsbürgerlichen Gewohnheitsohres? Ist es ein Vorurteil?
Was ist Pathos?
Ohne eine repräsentative Umfrage abgenommen zu haben, behaupte ich: Pathos ist heutzutage gleichgestellt mit ‚falschem Pathos‘. Was auch immer das nun wieder sei.
Dabei ist Pathos, jedenfalls dort, wo dieser Begriff begründet liegt, eine der drei Säulen der Redekunst, der Rhetorik: Ethos, Pathos, Logos.
Ich möchte hier nicht mit Schulwissen langweilen, ich möchte auch nicht oberflächlich in Modernsprech was abliefern, ich möchte deutlich machen, wie das Pathos mit dem Rhythmus verwandt ist, in der Poesie, vor allem in den Gedichten Hölderlins, zumindest in meiner Welt.
Hier nun erst einmal ein Einschub mit ausführlicheren Gedanken Dritter, es textet
ein akademischer Theoretiker, eine Beraterin und ein Webseiten-Optimierer.
Und eine, für mich jedenfalls, überraschende Erkenntnis gleich in den Fokus gestellt: Pathos ist das, durch die Rede erzeugte Gefühl im Zuhörenden.
Wer hätte das gedacht, außer den Fachleuten? Pathos ist nicht das Gefühl des Sprechenden, Pathos ist nicht eine emotionale Textpassage, Pathos entstellt sich drüben, auf der anderen Seite der Sprache, nach Erfassung und Durchgang durch den Bios von Ohr, Auge, und Atem, in und durch verarbeitendes Hirnareal sowie emotional besetzte Erfahrungs-Erinnerung. (Nebenbemerkung: hier leben meine Mythen.)
Was aber, hat das Pathos mit dem Rhythmus zu schaffen?
wem es gelingt, die Rhythmik der Verse im Verbund, nach vorne und zurück, zu erfassen, wer vertraut, wie auf ein Pferd oder einen Schaukelstuhl, wer sich traut, in die Worte und Klangfolgen der Verse zu fallen, wer nichts hinzugibt und wer nichts weglässt, was da steht, der (oder die) wird erleben, dass die Gedanken freigestellt werden. Dass es keinen (Nach)Druck der Stimme, dass es kein Gefühl in der gesprochenen Sprache, dass es nichts braucht, außer dem MundKörperKopfWerk des rhythmischen Sprechens, und, natürlich, eine Vorstellung im Geiste, dessen, was da gesagt wird.
Eine Versfolge, wie (Feiertagshymne, Str8 V2 ff)
Und tieferschüttert, die Leiden des Stärkeren / Mitleidend, bleibt in den hochherstürzenden Stürmen / Des Gottes, wenn er nahet, das Herz doch fest.
erzeugt dann, und nur dann ein Gefühl beim Zuhörer, wenn diesem Kommunikationsweg nichts im Wege steht. Kein eigenes Gefühl, keine Erklärung im Unterton, aber auch keine verschämte Zurückname aus Angst, falsches Pathos zu bedienen, und dann von Lehrmeistern ausgeschimpft zu werden.
Es ist nicht einfach, dieses Geschäft; aber, wem es gelingt, wer sich das traut, der (oder die) ist auf geraden Pfaden unterwegs. Auch wenn man die Kontrolle über diese Pfade im Moment des Sprechens loslassen muss. Volles Vertrauen in die Kunst! Die eigene und die fremde.
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blöd
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Ich war ja auch mal Lehrer, Deutschlehrer in den Niederlanden. Und kluge Lehrer fragen ja mehr, als sie (besser) wissen, sonst wären sie nicht klug, sonst würden sie auch nicht klüger.
Also hier die Frage: was bedeutet ‚blöd‘ eigentlich? Wir benutzen ‚blöde Kuh‘, ‚blöder Fehler‘, ‚Blödmann‘ usw. Aber was meint ‚blöd‘?
Wer sich mit Texten beschäftigt, die 200 Jahre und älter sind, sollte auch mal nachschauen, was diese Worte damals, zu der Zeit, als sie aufgeschrieben wurden, bedeuteten, meinten. Meistens trifft man dann auf nicht-Eindeutiges, schon damals. Und dann ging das Wort samt Bedeutung durch einige Generationen, über einige Landstriche hinweg zu uns, ins Heute, letztlich in den Duden und in die Wikipedia. Auf diesem Weg verlieren viele Worte ihren erkennbaren Bezug zum Damals.
‚Blöd‘ hat schon sehr lange eine Bedeutung wie minderbemittelt, schwachsinnig wäre übertrieben, klebt aber, vor allem umgangssprachlich, immer dran. Letztlich ist es ein abwertendes Wort, auf den Menschen bezogen. Denn blöde Bäume oder blöde Maschinen gibt es nicht. Noch nicht einmal blöde Fragen, sondern nur blöde Antworten.
Hölderlin hat ein Gedicht mit dem Titel ‚Blödigkeit‘ versehen und Thema dieses Gedichtes ist, wie ja fast alle seine Gedichte dieses Thema mindestens streifen, wenn nicht ins Zentrum stellen, Thema ist der Dichter in seiner Zeit, die Haltung des Dichters gegenüber der menschlichen Welt und den Himmlischen. Wieso aber ‚blöde‘? Hölderlin hat sich nie und würde sich auch nie als geistig minderbemittelt oder sogar schwach im Sinn benennen.
Zum Glück gibt es ein Wörterbuch der schwäbischen Sprache aus dem Jahre 1831, zusammengestellt von Johann Christoph von Schmid, und im digitalen Zeitalter findet man dies sogar im Internet. Ein solches Buch zu machen, das dauert meistens mehrere Jahre, mit Vorarbeiten und Sammlungen usw. kommen da auch schnell 10-20 Jahre zusammen, genaues weiß man nicht, aber es ist absolut gültig für den Schwaben Hölderlin um 1800.
Da steht, gleich vorne, unter Ziffer 1, zum Wort ‚blöd‘ das Folgende:
1) wenn durch Abtragen die Fäden an Kleidungsstücken sichtbar werden, dünne, dem Zerreißen nahe;
Die (eine, schwäbische) Bedeutung des Wörtchens ‚blöd‘ heißt heute ‚fadenscheinig‘. Der Stoff ist abgenutzt, man kann die Webfäden erkennen, dünn, durchsichtig bis auf die Struktur.
Ich beschäftige mich nun hauptsächlich mit Rhythmus und Struktur der Verse Hölderlins. Was für ein Fund. Der Dichter entblößt sich, er macht Struktur sichtbar. Und er nennt dies im Titel. Wie blöd‘ ist das denn?
Die Niederländer haben dieses Wort sogar noch deutlicher in ihrer Sprache aufgehoben: ‚bloot‘ heißt hier ’nackt‘.
Und allen Feinschmeckern der Hölderlinschen Lyrik sei folgender Hinweis gegeben: im oben abgebildeten Erklärungs- und Beispieltext zu ‚blöd‘ taucht ein anderes Wort zweimal in der Beschreibung auf: ‚einfältig‘ !
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Hellingraths ‚harte Fügung‘
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Wer sich länger als ein paar Stunden mit Hölderlin befasst, wer auf Spurensuche geht und die Rezeptionsgeschichte beschaut, begegnet Hellingrath. Auch hier kann der Eintrag in der Wikipedia weiter helfen, wenn auch letztlich nur oberflächig.
Von Norbert von Hellingrath stammt auch der Ausdruck der ‚harten Fügung‘, unzählbar oft in der wissenschaftlichen Literatur zu H genannt, doch selten auch dargelegt. Daher hier die originalen Worte Hellingraths:
Ich habe ausgeschnitten, was mir als Sprecher wichtig ist, der ganze Text ist zu finden auf der von mir sehr oft besuchten Webseite der Uni Duisburg.
Wir können diese bezeichnung als harte und glatte fügung wiedergeben und sagen sie mache sich geltend durch härte und glätte der fugen zwischen den einzelnen elementen/ und dies durch die drei gleichlaufenden schichten hindurch: den rhythmus der worte/ des melos/ der laute, diese drei parallelen rhythmen werden
in harter fügung irrationalere minder übersichtliche minder gebundene (nicht etwa minder gehaltene) und in höherem grade einzige bildungen aufweisen, für uns/ die wir von der begrifflich unsinnlichen seite herkommen/ wird als wesentlich erscheinen dass in harter fügung möglichst das einzelne wort selbst taktische einheit sei/ in glatter dagegen das bild oder ein gedanklicher Zusammenhang meist mehrere Wörter sich unterordnend, die glatte fügung ist also minder unmittelbar und wird daher leicht bei fortschreitendem schwinden der Sinnlichkeit der alleinherrschaft in der dichtung sich nähern/ wobei dann bezeichnend ist dass die einheiten fest/ stereotyp/ werden d. h. dass das wort als untergeordenter bestandteil immer gleich in starren überlieferten Verbindungen auftritt,
…
wo glatte fügung einfachste formen und Ordnungen/ viel gebrauchte worte/ möglichst wenig auffälliges zeigte/ erstaunt die harte durch ungewohnte und fremde Sprache, der glatten fügung kam alles darauf an zu vermeiden dass das Avort selbst dem hörer sich aufdränge, der sollte gar nicht bis zum worte gelangen/ nur damit verbundene associationen erfassen die als factoren das eigentlich wesentliche bildhafte oder gefühlartige ergeben, daher mußte das wort möglichst bescheiden zurücktreten/ mit möglichst
geringer Spannung dem Zusammenhang sich einordnen, harte fügung dagegen tut alles das wort selbst zu betonen ^ und dem hörer einzuprägen/ es möglichst der gefühls- und bildhaften associationen entkleidend auf die es dort gerade ankam, hier wird also in der Wortwahl/ auch wo man keine besondere dichtersprache hat/ das tägliche und gewohnte vornehmlich aber die hergebrachte Verbindung gemieden/ das schwere prangende und die vielsylbige Zusammensetzung gesucht^/ als welche von selbst ton und sinn auf sich lenken, dabei wird das wort häufig in der grundbedeutung gebraucht statt wie sonst in einer abgeleiteten, umgekehrt aber wirkt/ auch wo es der logische Zusammenhang nicht verlangt/ von einem worte nur das etymon/ weil eben durch die ganze Umgebung der sinn des hörers darauf gerichtet ist. Im syntaktischen derselbe gegensatz: dort das einfachste und schmiegsamste/ hier erstaunlichere Satzgefüge: anakoluthe/ bald prädicatlos hingestellte worte/ in deren kürze ein satz zusammengedrängt ist/ bald weitgespannte perioden/ die zwei drei mal neu einsetzen und dann doch überraschend abbrechen: nur niemals die widerstandlose folge des logischen Zusammenhangs/ stets voll jähen wechseis in der construction und im widerstreit mit den perioden der metrik. War die glatte fügung je einmal von der üblichen Wortstellung abgewichen/ so bezweckte sie damit nur noch innigere Verschmelzung zur einheit über dem wort/ so: ‚liebste
mein‘ für ‚meine liebste‘, hier aber gilt es die übliche aneinanderlehnung der worte zu stören: wenn etwa ein wort mit seinem attribut verschmelzen möchte zu einem begriff der zwischen beiden Worten liegt — schnelle schlachten/ erhabenste beiden — und wir deshalb nicht so recht mehr auf jedes einzelne der beiden worte achten mögen/ durch eine kühne verschränkung sie auseinander zu reiszen: in schnellen erhabenste heroen in schlachten/ wobei durch die eine trennung auch bei dem andern paar die Verschmelzung verhindert ist. so lassen sich selbst pronomina conjunctionen und andres der art isoliren/ die ohne das stärkende dieser syntaktischen Spannung an die ihnen eng zugehörigen Wörter sich lehnen müssten: ‚um meine fliegend die kunst\ So/ von schwerem wort zu schwerem wort reiszt diese dichtart den hörer/ lasst ihn nie zu sich kommen nie im eignen sinn etwas verstehen vorstellen fühlen: von wort zu wort muss er dem ströme folgen und dieser wirbel der schweren stoszenden massen in seinem verwirrenden oder festlich klaren schwunge ist ihr wesen und eigentlicher kunstcharakter. und wenn bei glatter fügung der hörer zunächst von einer Vorstellung erfüllt war/ so sehr dass im äuszersten falle er das wort selbst kaum noch erfasst/ so erfüllt ihn hier so sehr das tönende und prangende des wortes/ dass er im äuszersten falle dessen bedeutung und was damit zusammenhängt kaum noch erfasst^. Dieses phänomen der harten lyrischen fügung/ hier unsrer zeit gemäsz vom wort her betrachtet/ hat mit besser gebildetem ohr Dionysius vom blosz phonetischen her untersucht, nicht minder gut könnte man es aus dem gesichtspunkte der satz- und versmelodie begreifen.
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Herz Kern gern
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Herz Kern gern
Dass Kern und gern zumindest phonetisch verwandt sind, gehört sich so.
Dass Kern und Herz in ihrer metaphorischen Mannigfaltigkeit miteinander flirten, liegt am Korn und am lateinischen core.
[in Arbeit]
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Ratschlagend
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Die erste Ode der Nachtgesänge, betitelt Chiron., umfasst 13 Strophen im alkäischen Metrum.
Schon die allgemeine Definition einer Ode benennt diese als Gesang, als Gefüge von sprunghaften Gedanken, gebunden im Rhythmus.
Aber Hölderlin geht in seinen Nachtgesängen sehr eigenwillige Wege. Er gibt mir keinen einzigen eindeutigen Gedanken (und es kennet kein einziger nicht das Beste); , jeder Vers und, taucht man tief genug, jedes Wort lässt sich nirgendwo festnageln. Es sei denn, dass …
… in der 3. Strophe, nach Strophenenjambement, jemand, genannt „Du“ fast allzubereit kam, mit folgender Einschränkung, oder Bedingung, oder ist es eine Ergänzung?
So Füllen oder Garten dir labend ward, / Ratschlagend, Herzens wegen. …
Was meint das?
Monatelang, bis gestern, hatte ich hierzu ausschließlich Fragezeichen auf der Linse. Aber dann musste ich einem Legastheniker, welcher bewusst seine Qualitäten im Bilddenken weiter ausbildet, die Hölderlinschen Vers-Fugen, Vers-Furchen deutlich machen. Ich redete von Gärten und Pflug, von Trochillus als Hohlkehle in der Säulengestalt, ich verbildliche Ordnung und Schönheit, auch Rede und Erde in anagrammatischer mehrfach-Bedeutung, die einem Legastheniker „Home, sweet Home“ bedeutet, etc. Und auf der Heimfahrt purzeln meine Fragezeichen zu Füllen oder Garten, als ob ablegte den Mantel Gott, heute sagt man „wie Schuppen von den Augen“. Und ich sprach die Verse erneut und ich ließ Handbewegungen dazu, und siehe da: ich beschreibe einen Kreis beim Wort Ratschlagend, und da kommt das Bild des sich drehenden Rades, da scheint ein ganzkörperlich geschlagenes Rad (Turnen), da kommen aber auch die Schläge eines Rates, also die verletzende Besserwisserey, ich bin elektrisiert, ich buche mir eine Auszeit der Pflichten und stöbere weiter. Erkenne die Trennlinie: Geschrieben scheint es eindeutig, aber doch nur, weil man über ganz viel hinwegliest. Wer es spricht und sein phonetisches Bewusstsein richtet, erkennt, dass Radschlagend und Ratschlagend phonetisch eine Millsekunde auseinander liegen. Gibst du ein kurzes gehauchtes „h“ hinter die Silbe Rat, spricht der Rath, nimmst du dieses „h“ weg und bindest direkt, erklingt das Rad. Diese zweigeschlechtliche, punktgenaue aber total unscharfe Klinge, das wird mir immer mehr zum unschuldigsten aller Geschäfte. Und, nebenbei bemerkt, ich könnte jetzt, tue es aber nicht, 2 Dutzend andere „Fragezeichen-Stellen“ aus den Nachtgesängen auf dieser Deutungsebene zu entschlüsseln versuchen.
Denn was (buchstaben)genau macht Hölderlin in diesen eineinhalb Versen zu Beginn der dritten Strophe von Chiron.? Er setzt FÜNF Mal eine Silbe, dieser mehrfach (be)deutende, semantisch-syntaktische Sprach-Träger, klingend auf dem Ur-Ur-Urvokal „a“ auf jeden Iktus im Vers hintereinander: Gart [..] lab [..] ward, Rat [h] schlag [..] , was auch immer das bedeutet, es klingt überdeutlich und befördert das Wort „Ratschlagend“ absichtlich in den Fokus. Wenn nun, und dies sei eine Hypothese, wenn nun Füllen gegenüber Garten den mythischen Topos Natur (Fülle, Chaos) gegen den eines menschengemachten Regelwerkes zum Anbau von Früchten meint, wenn Ratschlagend auch den Trochäus, als Bewegungsfigur eines sich drehenden Rades meint, wenn die Bedeutung dieser eineinhalb Verse auch ein auf Poesie und Rhythmus bezogener, innerer Verweis ist?
Dann habe ich ein Bild, aber ein phonetisches. Dann kann ich Beziehungen zum Stimmklang im Raum fügen, und weiß gleichzeitig um die philologische Expertise; dann wird der Raum frei für Rhythmus und klingende Sprache. Dann verschaffe ich als Performer dem Hölderlin mit diesen zehn Worten ein Sprach- und Assoziationsgebilde, welches schriftlich nicht auf einer A-4 Seite nicht umfassend erklärt werden nicht kann.
Er baut sich seine eigene Konfliktspalte, polarisiert, fragt, (er)klärt-(er)zählt, und versinnbildlicht anscheinend Sprunghaftes, doch die Linie, der Weg, und die Figur dieser Sprünge passen zueinander. wo bist du, Licht?
Mit wo bist du, Licht? wird das Du genannt, der Ort des Lichtes wird erfragt, erbeten, angesungen.
Licht hat aber keinen Ort, wohl eine Quelle, ist aber überall. wo fragt aber genau nach dieser Begegnung im Raum.
Geht die Sprache aorgisch in die Fülle, ins Natürlich-Chaotische, in den Dschungel, in die Wälder, wo die Ernte, wie von selbst, für alle labend, einfach da ist? (mit allen Gefahren!), oder geht die Sprache in die geraden Gärten (An die Eichbäume), und in der Menschen Furchen und gepflügten Trochilen? Auf diesem Gedanken leuchtet Ratschlagend mindestens doppelt (trochäisch, „der dreht am Rad ..“) und auch verletzlich gegenüber Fremdbestimmtem, dem autoritären Regelwerk, und es nennt buchstabengenau Hölderlins fantastische Reise in seine Welt, in seine Entäußerung, sowohl von brillanter Jonglage, wie auch stringenten Formgesetzen.
Und wie weiter? tja, zählen Sie selbst, wieviel andere Vokale, außer dem e, jetzt gesetzt werden: Herzens wegen, .
Und was bedeuten diese beiden Worte? Herz = aufrecht, Urkraft im Bios, ermöglicht erst ein reflexives Hirn, Rhythmusgeber, Schrittmacher; wegen ist auch ein Weg. Wegen eines Grundes, Ursache-Folge, Logik ist vor allem ein Weg, auch mal ein Steg, auch ein Pfad, eine Straße, ein Ufer, eine Gasse, ein Flug über die Alpen, ein Fluss.
Herzens wegen ist semantisch-syntaktisch akephal, denn es fehlt etwas: des Herzens wegen? auf Herzens Wegen? In dieses flirrende Geflecht Klarsichtfolien der Sprache als Klang in der Zeit, da muss sich jede(r) reinfuchsen, beim Hölderlin. Da ist doch andere Klarheit.
Und wie dann weiter? tja, hören Sie selbst, welche anderen Vokale außer dem „e“ und dem „a“ jetzt gesetzt werden: wo bist du, Licht? und wie die Akzente und Längen und Tonintervalle dieser vier Einsilbigen im gesteigerten Fall jetzt leuchten.
Das Wortpaar Herzens wegen steht dem abgeleiteten Kompositum Ratschlagend gegenüber. Beide folgen dem dipodischen Fülle oder Garten. Lässt die Sprache hier auch Emotionen rein, dann geraten die vielen Fragen dieser Ode und des gesamten Zyklus in die Abteilung „aufrichtiger (herzlicher) Dialog mit den Himmlischen“, mir ist es ein Handeln an der Deixis der Würde.
Ich versuche eine Paraphrasierung der ganzen Ode Chiron. : Hier, du Licht, diese Welt kann ich dir bieten. Dort die Menschenfurche, dort die Natur. Ich kann nur hoffen, dass dich das labt. Doch wahrscheinlich, so wie ich die Sache kenne, werden wieder Blitze einschlagen, wo weiche Wellen wiegen wollten.
Doch weil du Licht ja himmlisch bist, hast du immer Recht, auch da, wo ich draufzahle, da, wo ich vernichtet werde, obwohl ich doch bloß den Weg meines Herzens gehe. Doch höre mir bitte genau zu! Vielleicht sind meine Verse ja doch eine Freude für dich.
Diesen Subtext in der Assoziations- und Interpretationswelt des Publikums mit flüchtiger Sprache zu initiieren und zu verankern, das versuche ich, Herzens wegen.
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Wechsel der Töne
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Es heißt nicht ‚Wechsel der Gedanken‘, nicht ‚Wechsel der Empfindung‘, nicht ‚Wechsel des Ausdrucks‘ und auch nicht ‚Wechsel der Anschauung‘ – und auch nicht, aber wirklich nicht: ‚Wechsel der Tonhöhe‘.
Es steht da: ‚Wechsel der Töne‘.
Was sind das für Töne? Wo kommen sie her? Wo gehen sie hin? Wie klingen sie wieder? Und, sind dies die richtigen Fragen?
Wie sie wechseln sollen, die Töne, ist einigermaßen klar. hinh. Heroisch wechselt ins Idealische, das ins Naive und dem folgt wiederum das Heroische usw. Je nachdem in welcher Gattung, episch, dramatisch oder lyrisch, ändert sich die Anfangsposition, nie aber das Gefüge hinh, inhi, nhin.
hinh
Hölderlins Kürzelfolgen sind 4-stellig ; er endet immer mit dem anfänglichen Ton, besetz vier Positionen mit drei Elementen. Dies ist eine basale rhythmische Form.
Was aber ist ein heroischer Ton? Wie spreche ich den idealischen Ton? Wo sitzt ein naiver Ton? Wer Hölderlin spricht, muss sich diesen Fragen stellen. Aber glücklicherweise droht seitens der Wissenschaft wenig große klinische Gefahr; denn, die wissen es auch nicht.
Und doch muss ich die Verse sprechen, um zu erfahren, wie sie klingen. Also, ich weiß es erst nach der Erfahrung.
Das sei mir angenehmes Feld, um meine Reflexionen, mit meiner sprunghaften Energie abzugehen.
Die Töne (die da wechseln) meinen die Stimmung, mit der sich der Geist dem Stoffe nähert.
Unter einer Stimmung kann ich mir etwas vorstellen, Geige, Piano, Tonart, Laune, Farbe, auch Rhythmus, Weichzeichner, Licht usw.
Die Töne, meinen die Stimmung, mit der sich der Geist dem Stoffe nähert.
Was meint Geist und was ist der Stoff? Wer hat den Geist, wo ist der Stoff, woraus, womit, wofür? aha:
Deixis
Text, Sprecher-Saal-Sprache, Gedanken, … ich suche Überblick.
Dialektik für mich nicht-Akademiker: Es wird benannt: eine Bewegung (nähern); eine Bewegung braucht einen Raum, braucht einen Ausgangsort, und zumindest eine Richtung, wenn nicht ein Ziel. Braucht auch ein etwas, das sich bewegt. Sagen wir x bewegt sich von A nach (Richtung) B. Soll diese Bewegung erfasst werden, angeschaut, beschrieben, wie auch immer dargestellt, dann gibt es einen weiteren Aktor im Gefüge, nämlich den/die BetrachterIn. Ob die genannte Stimmung nun diesem Aktor gehört, oder einer im Aktor bewegten Reaktion auf die Bewegung, oder einem Licht, oder einem, das alles umfassenden Kosmos, in welchem, eventuell sogar durch ihn beeinflusst, die betrachtete Bewegung von A nach B erfasst wird, das alles sagt der Satz nicht. Dafür sorgt das unschuldige Wörtchen mit.
Die Töne, meinen die Stimmung, mit der sich der Geist dem Stoffe nähert.
Eins aber ist mir nicht mehr aus der Wahrheit zu schlagen: Es geht tiefer, als bloß in ein Strophen- oder Triasgefüge; es geht tiefer, als bloß in den Vers, tiefer als das Wort, sogar tiefer als die Silbe. Wenn ich Hölderlin spreche, egal ob ich die Ruhe selbst bin, oder Feuer gebe, ich wechsle meine Töne, in einer nicht nachvollziehbaren Frequenz. Laute, Metaphern, Syntax, Ikten, Klanggefüge, Versstrukturen, Periodenstrukturen, ich, der Sprecher, wechsle die Töne, wenn ich alle Ebenen mit hineinnehmen soll, ca 10 bis 50 Mal pro Vers. Und ich mache das nicht, weil ich es lustig finde! sondern, weil es da steht, buchstabengenau.
Und jetzt mach ich’s politisch. Jeder Mensch, der eine Sprache spricht, hat sich ein Instrument ausgebildet, welches viel mehr, unglaublich viel mehr kann, als dieser Mensch sich (meistens) bewusst ist.
Durch den lebenslangen Sprachgebrauch, im Geben wie im Nehmen, also die Gaben und die Namen, dadurch ist bereits ein/e 10-12 Jährige/r, manchmal auch jüngere, in der Lage, hochpräzise, sprachliche Kunstwerke zu begreifen und auch in ihrer Struktur wiederzugeben, im Ganzen darzustellen. Der Unterschied zwischen einer Violinistin und einem Sprecher ist ihr Instrument! das Geigenspiel verlangt nach viel Mühe und Zeit.
Die Sprache aber kennt eigene Lustwege.
Hölderlin spielte und komponierte mit der Qual des Perfektionisten, aber das freie, das unständige (unstädtische) Publikum begreift einen gesprochenen Satz-Gedanken in der Regel direkter und kerniger als einen musikalischen Satz-Gedanken.
Rings um ruhet die Stadt | Jetzt aber tagt’s | Und trunken von Küssen | Thore an Schönheit | der wie ein Pfeil ins Herz der Erde dringt | usw. Es gibt, meineswissens, wenig Zeilen aus Hölderlin’s Hand, die diese Untersuchung nicht lohnt.
Rings um ruhet die Stadt
ist doch sicherlich nicht heroisch. Nimmt man die Situation oder verbindet man Subjekt und Objekt durch das Verb? ups, es gibt kein Objekt, oder gibt es kein Subjekt, doch! denn das schreibt, spricht. Deixis am Phantasma.
Ist dieser Satz eine intellectuale Verallgemeinerung oder anschauendes Stilleben? Doch könnte ich diesen einleitenden Satz von ‚Brod und Wein‘ | ‚Die Nacht‘ heroisch sprechen? Ein energischer Dichter betritt nach dem Abendessen seine Stube, fegt mit Links seinen Schreibtisch leer und setzt sich vor einen Bogen Papier. (Schwanen)Feder, Tinte, tunkt, Wein, Pfeife. Er furcht seine Zeilen ins Papier. Die Tinte brennt und strömt und strahlt voraus und zurück. Hier wird mit Kraft geschrieben. Und ich kenne keine dramatisch fassbarere Manier, um sich selbst ins Zentrum alles noch Kommenden zu stellen, als zu beginnen mit den Worten Rings um. Startet hier ein Heros?
Jetzt aber tagt’s !
Klingt deutlich heroisch. Oder ist es eine Metapher, die, überhöht auf Zeitenwende und reflektierter Anschauung, in’s Heute zielt? Sprich es drei oder acht Mal hintereinander. Das zischt lecker und braucht einen inneren Rhythmus. Choriambus für Mutige.
Und trunken von Küssen
auf den ersten Blick naiv pur sang; aber es geht weiter mit tunkt ihr das Haupt ! … und die Angesprochenen sind holde Schwäne, also Hölderlins Schreibfeder, der See wird Tinte; hochidealische Auflösung in der reflektierten Anschauung;
Thore an Schönheit
Ähnlich wie eins weiter oben; drei Worte machen ein Gemälde; das wäre kräftig naiv; aber unter dem Blickwinkel, dass diese Glockenturmfenster ihren Ton und unseren Blick hinaus in die Welt der bleiernen Dächer und schreienden Schwalben (auch die Dichter) tragen, so flimmert jeder Versuch einer Festlegung durch seine Gegenparts im Dreieck.
Der, wie ein Pfeil, ins Herz der Erde dringt.
Bewegung (dringt) wäre dramatisch, das ganze ein Bild (Anschauung wäre idealisch) dann bleibt für die Wortbildobjekte (Pfeil, Herz, Erde) das Naive; das kann ich sprechen. Doch Herz und Pfeil kommen nicht aus der naiven Ecke, also einfach ist’s nicht. 10 Jahre später spricht H von einfältig. Wieder flimmert’s rückwärts.
himmlisch Gespräch ist sein nun.
Im Zentrum des letzten Vers von Ganymed, auf dem Grat zur schließenden Trias der Nachtgesänge, ein sehr prägnantes semantisch-rhythmisches Beispiel: -uu-u-u, eröffnet, wen überrascht’s, mit einem Choriambus, von ganz oben; himmlisch Gespräch.
In Menschenbeifall höre ich durch die Fügung der t-z-s-t, vorantreibende Stolpersteine. Mikrojonglage auf unvokalischen Lauten. Dadurch freigestellt, die Utopie im Zischfreien, im Brumm- und Vokalklang, das Weiche wird phonetisch angewiesen, Hölderlin ordnet seine Gesänge auch dem Klang nach.
Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll,
Seit ich liebe? warum achtetet ihr mich mehr,
Da ich stolzer und wilder,
Wortereicher und leerer war?
Ach! der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt,
Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen;
An das Göttliche glauben
Die allein, die es selber sind.
Und die Schwalben kriegen auch ihr Sch-Fett weg. Wer die drei sch’s im Übergang von Vers 2 zu 3 schnell zwitschernd geben kann, dem sei die Bewunderung des Publikums gewiss, denn jetzt erscheinen die Schwalben auch außerhalb vom, im präfontalen Kortex analysierten, semantischen Begriff. Da zwitschert, da zischt der Flügelschlag aber wie wirklich im Raum. Und, nota bene, im Gegenpol zu diesem gnadenschönen b-l-Gefüge in Vers 1 und auf der Schwalbe und der Bläue.
In lieblicher Bläue blühet
mit dem metallenen Dache der Kirchthurm. Den umschwebet
Geschrei der Schwalben, den umgiebt die rührendste Bläue.
Ach, närret machts.
Anderer Start. Dreiteilungen. Subjekt-Prädikat-Objekt, die Basis jeden Satzes, jeden Gedankens. Das Prädikat verbindet die Pole. Hat der Handlungsbeschreiber, der Wechselverursacher, das Prädikat als erweitertes Verb, als Funktionsträger im semantischen Räderwerk zwangsläufig heroische Gene? Der Gedanke hat den Charme der Vereinfachung. Subjekt und Objekt könnten mit idealischer Anschauung und naiver Empfindung spielen.
Da ich ein Knabe war zeigt ein hintangestelltes, unscheinbares Verb, klanglich mit dem einleitenden ‚Da‘ rein als Laut das Fundament des Knabenobjektes.
Das kann man so sprechen. Auch nicht sonderlich heroisch. Aber doch irgendwie im Schatten wohl. Denn der Sinn vom Halbsatz ‚Da ich ein Knabe war‘ wirft einerseits die Gedanken in die Vergangenheit, andererseits geht das anschließende ‚rettet‘ in zeitlicher Empfindung nach vorne, zur Frage: und dann? und jetzt?
[..] Geschrei und [..] Rute der Menschen erfüllt die Spiegelseite.
Alles hat drei Seiten.
Mindestens und schon immer.
Denn gerne fühllos ruht, / Bis daß es reift, Furchtsamgeschäftiges drunten.
Mein Gott ist das dunkel. Erreicht wird dieser Eindruck durch die Position der Elemente, ihre Fügung; denn dieselben Worte so geordnet:
Denn drunten ruht Furchtsamgeschäfftiges gerne, fühllos, bis dass es reift.
klingt nüchterner, wie eine Hoffnung.
Mit wem können wir hierüber kommunizieren? Wer ist wir?
Aber wo sind sie, wo blüh’n die Bekannten, die Kronen des Festes?
aus: Brod und Wein, (einziger holodaktylischer Hexameter im Werk); 5. Distichon der 6. Strophe, genau im Goldenen Schnitt der ganzen Elegie.
Hölderlin hat
die Idee des akustischen Kubismus
100 Jahre früher als die malende Zunft in der Sprache erforscht, bearbeitet und verwirklicht.
Jede Sprache, Hallo FakeNews, ist kubistisch. Nicht aber der Gedanke.
ich = ich? Diese Banalität einer grauen Wolke, im Hölderlinschen Antipoden-Spiegel benannt durch Bläue, gebläut, bleiernes Dach, erscheint a priori ad absurdum.
Ob Ich, absolutes Ich, Über-Ich, neben-Ich oder nicht-Ich, alle diese philosophischen Wege ist der Friz gegangen. Getrennt hat er sich von Hegel, Schelling, Schiller, Fichte, und weiteren, selbst von seinen Nachfolgern schon immer. Subjekt-Objekt! aber er hat diesen Verhältnissen im und um das Ich Anschauungen gegeben, die zu Recht den heutigen, erhab’nen Geistern den Atem nehmen möchten.
Wer diese Verse spricht, erlebt sein blaues Wunder. Er/Sie wird gebläuet, klirrt im Wind, furchtbargeschäftig. Meineserachtens geht es nicht anders, soll das alles klingen, was da geschrieben steht. Es ist eine Art Starkdeutsch.
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Holunder
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Hölderlin wurde von seinen Freunden auch „Holder“ gerufen, ein mehrfach deutendes Wort, nennt es doch den Strauch, die Frucht, seinen Namen und birgt im Stamm die Silbe „hold“.
Er selbst benutzt das Adjektiv „hold-e-r“ nicht oft, aber doch einige Male. Ich kann nicht anders, als dieses kleine Wort „hold“, sofort mit Selbstbezug zu lesen.
Nachschlagen in den historischen Wörterbüchern Adelung und Grimm lenkt das Licht noch stärker auf ihn selbst:
Adelung: Geneigt, des andern Glück gern zu sehen, Liebe gegen denselben empfindend, ohne Unterschied des Standes; nur in Gestalt eines Nebenwortes. Der Herr wird den Demüthigen hold seyn, Sir. 3, 20.
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buchstabengenau
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A
, ein Vocal, und zugleich der erste Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher unter allen Vocalen für die Aussprache der einfachste und leichteste ist, er mit der weitesten Öffnung des Mundes gebildet wird, daher er auch der erste vernehmliche Ton ist, welchen die Natur in den neugebornen Kindern von sich gibt. Sprichw. Wer A sagt muß auch B sagen, wer sich einmahl in etwas eingelassen hat, muß darin fortfahren.Bey den Hochdeutschen hat dieses a nur einen einzigen Laut, welcher entweder gedehnt ist, wie in da, Gabe, laben, oder geschärft, wie in was, raffen, Pallast. Allein in den verschiedenen Mundarten wird es fast durch alle Schattirungen der Aussprache hindurch geführet; wovon man, was die Oberdeutschen Provinzen betrifft, Popowitschens Untersuchung vom Meere S. 89, 288 f. nachsehen kann. Am häufigsten nähert man es daselbst dem o, da es denn dem Schwedischen u sehr ähnlich wird. Oft wird das a von dem o gänzlich verdränget, und es gibt auch noch Hochdeutsche, welche Odem für Athem sprechen und schreiben. In manchen Provinzen verwandelt man es in den unangenehmen Doppellaut oa, z. B. foahren, troan, für fahren, tragen, und in noch andern läßt man ein u hinter her schleichen, wie jau für ja, oder fetzet wohl gar das u an dessen Stelle, wie hust du, für hast du, ju für ja, Klufter für Klafter.Von der Bezeichnung des gedehntem a, S. Orthogr. Th. I, S. 248. In der Ableitung und der Wörter wird dieses a sehr oft in ä verwandelt; als Anfang, anfänglich; Zahl, zählen; Pfalz, Pfälzer; Hand, Hände; Mangel, Mängel; ich dachte, ich dächte; ich schlage, du schlägst, er schlägt; wovon die Regeln, wenn anders welche davon gegeben werden können, in der Sprachlehre gesucht werden müssen.Das a privativum, welches einige in den alten Deutschen Mundarten angetroffen haben wollen, ist nichts anders, als eine verkürzte Aussprache des heutigen un oder ohn; z. B. adeilon, untheilhaft, ateilig, verlustig, Achusti, Untugend, Amalia, die Unbefleckte, von Mail.Auf gleiche Art sprechen einige Niedersachsen noch heut zu Tage Amacht, amächtig, awiesig, Awiesigkeit u. s. f. für Ohnmacht, ohnmächtig, unweise oder läppisch u. s. f. Eben diese Bewandtniß hat es auch mit Wachters so genanntem a positivo, welches wohl auch nichts anders, als der durch eine geschwinde Aussprache verkürzte unbestimmte Artikel ein ist, Statt dessen nicht nur viele Deutsche Provinzen im geschwinden Reden, sondern auch die Engländer allemahl, ein a oder ä, und wenn ein Vocal darauf folgt, an gebrauchen; z. B. a Finger, a Fisch, a Gürtel, a Glas, än, oder an Altar, an Ofen, an Arm, an Ochs und s. f. und Engl. a finger, a fish, a girdle, a glass, an altar, an oven, an arm, an ox, u. s. f. welcher Artikel denn nachmahls mit vielen Hauptwörtern auf eine nunmehr unzertrennliche Art zusammen geschmolzen seyn kann. S. Ein, und Ameise.Das a drucket, wie in den meisten Sprachen, so auch in der Deutschen, fast alle Bewegungen und Leidenschaften der Seele aus, und um den Ausdruck zu verstärken, hat man demselben von den ältesten Zeiten an noch die Hauchlaute ch und h beygefüget. S. Ach und Ha.Am Ende vieler heutigen eigenthümlichen Nahmen der Flüsse und Örter ist a aus acha, aha, oder ach, d. i. Wasser, zusammen gezogen. S. Ach. [1-2]
Ä
ein einfacher Vocal, welcher einen Mittellaut zwischen dem a und hohen e hat, und so, wie das a, bald gedehnt, bald aber auch geschärft ausgesprochen wird. Die meisten Sprachlehrer haben diesen Buchstaben für einen wahren Doppellaut ausgegeben; andere haben solches geläugnet, und Gründe für ihre Meinung angeführet, die aber größten Theils wenig oder gar nichts beweisen. Indessen ist doch der Streit sehr leicht zu entscheiden, wenn man nur den Laut selbst von dem Zeichen des Lautes unterscheidet. Der Laut an und für sich selbst, wird mit einer eben so einfachen Öffnung des Mundes hervor gebracht, und läßt so wenig doppeltes oder zusammen gesetztes hören, als die Laute a, e, i, o und u; und wenn er gleich ein Mittellaut zwi dem a und e ist, so folgt daraus noch nicht, daß er aus diesen beyden Vocalen [1-2] zusammen geflossen ist. In allen Sprachen sind die Vocale nur stufenweise von einander unterschieden, und wenn man die Mundarten mit in Anschlag bringt, so werden diese Stufen unmerklich. Im Deutschen würde es nicht schwer fallen, zwanzig solche Vocalen anzugeben, deren Unterschied dem Gehöre noch immer merklich genug ist; S. Lamberts neues Organon Th. 2, S. 47. Warum sollen aber alle diejenigen Doppellaute heissen, die sich von den fünf am meisten hervorstechenden Vocalen mehr oder weniger entfernen? Noch eins, welches besonders das ä betrifft. Es hat eben denselben Laut, den das erste e in Besen, lesen, Wesen und hundert andern Wörtern hat. Machte der Laut einen Buchstaben zum Doppellaute, so müßte man dieses e auch einen Doppellaut nennen, welches doch noch niemanden eingefallen ist.Aber nun zu dem Zeichen. Gemeiniglich schreibt man die Laute ä, ö, ü, durch Ae, Oe und Ue, und in der kleinen Schrift durch ae, oe, ue und sind nun freylich doppelte Buchstaben, die aber darum keine Doppellaute machen. Als die Deutschen die Lateinischen Buchstaben annahmen, so finden sie in denselben für die Vocale nur fünf Zeichen, und sie hatten doch deren mehr nöthig. Sie halfen sich also dadurch, daß die theils diese Zeichen zusammen setzen, theils den am meisten verwandten Lauten einerley Zeichen gaben. Unwissenheit, Verschiedenheit der Meinungen und vielleicht auch der Mundarten, und die nur nach und nach geschehene Annahme des Lateinischen Alphabetes machten, daß man dabey nicht gleichförmig zu Werke ging; und daher kam es, daß man besonders den Laut ä in einigen Fällen durch das Zeichen a, in andern aber durch ein bloßes e ausdruckte. Die Sprachlehrer, welche selten philosophische Köpfe haben, blieben bey dem Zeichen stehen, und so wurden aus ae, oe, und ue Doppellaute, da man sie höchstens Doppelbuchstaben hätte nennen können. In der größern oder so genannten Versal-Schrift machte man es in den Druckereyen noch ärger, und setzte den andern Vocal aus Armuth an Schriftzeichen gar daneben, Ae, Oe, Ue. Wie viele Schwierigkeiten solche Kindern und Ausländern in Erlernung des Lesens macht, und wie viele Verwirrung solches in einem Wörterbuche nach alphabetischer Ordnung anrichtet, ist leicht einzusehen. Man hat daher in diesem Wörterbuche für die drey Selbstlaute ä, ö, und ü, sowohl in der größern als kleinern Schrift, besondere Zeichen gewählet, die der Natur der Sache hoffentlich mehr angemessen, und nicht so vielen Mißdeutungen unterworfen seyn werden. Man muß daher auch diejenigen Wörter, welche sich mit diesen drey Selbstlautern anfangen, nicht in Ae, Oe und Ue, sondern nach Maßgebung des darauf folgenden Consonanten aufsuchen. Von dem Gebrauche dieses Vocals S. Orthogr. Th. 1, S. 140. [3-4]
B
, der zweyte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher mit den Lippen ausgesprochen, und wegen seiner Leichtigkeit von den Kindern am ersten und liebsten hervor gebracht wird. Die gewöhnlichste Aussprache desselben hält das Mittel zwischen den mit ihm verwandten p und w; das ist, das b wird weicher als das p und härter als das w ausgesprochen. Nur am Ende eines Wortes oder einer Sylbe nähert es sich dem erstern; z. B. Sieb, Leib, Staub, Dieb, Trieb, Siebmacher, leiblich, Liebling, Triebfeder. Ist aber ein e weggeworfen, so behält es auch hier seine weichere Aussprache, z. B. Hebopfer, Knäblein, Weiblein u. s. f. weil diese Wörter eigentlich Hebeopfer, Knäbelein, Weibelein heißen sollen. Am weichesten wird dieser Buchstab ausgesprochen, wenn er in einfachen Wörtern in der Mitte zwischen zwey Selbstlautern stehet, wo er wenig von dem w unterschieden ist, wie in leben, geben, bleiben, Körbe, Hiebe. In den wenigen einfachen Wörtern, in welchen dieser Buchstab doppelt vorkommt, findet diese weiche Aussprache gleichfalls Statt, wie in Ebbe, Krabbe; kommen aber zwey b durch die Zusammensetzung zusammen, wie in abbrechen, so wird das erste hart, das andere aber gelinde ausgesprochen. S. die Orthogr. Th. 1. S. 155.Da diejenigen Buchstaben, welche mit einerley Sprachwerkzeugen vorgebracht werden, in allen Sprachen sehr gern mit einander verwechselt zu werden pflegen: so ist solches in der Deutschen auch dem b, f, v, w und p widerfahren. Beyspiele davon findet man in den Schriften der ältern und mittlern Zeiten fast in allen Zeilen. Ob nun gleich die Schreibart seitdem beständiger und gleichförmiger geworden ist, so sind doch noch einige Überbleibsel dieser Verwechselung zurück geblieben; z. B. Gift, von geben, Wapen, von Waffen u. s. f. So schreibt man auch wohl noch jetzt Ingber und Ingwer, Zittwer und Zittber, Wittwe und Wittib. So sehr die Niederdeutsche Mundart diesen Buchstaben liebt, so sparsam gehet die rauhere Oberdeutsche mit demselben um, indem sie fast gar kein Anfangs – B kennet, sondern Par, Pär, Purk, Paum u. s. f. für Baier, Bär, Burg, Baum, spricht, und wenn sie sich selbst überlassen wird, auch schreibet. Das b, welches im Oberdeutschen so gern dem m nachschleicht, als Lamb, frommb, umb, Ambt, nimmbt u. s. f. ist im Hochdeutschen längst verbannt werden.Das Anfangs-b ist nicht alle Mahl ein Stammbuchstab, sondern oft nur die Ableitungssylbe be, welche ihr e verloren; ein Umstand, welcher für die Wortforschung sehr wichtig ist. Man sehe, was von der Abstammung der Wörter bang, barmherzig, bleiben, Blut, Brücke und hundert anderer angemerket worden. [677-678]
C
, der dritte Buchstab des Deutschen Alphabetes, von welchem verschiedenes zu bemerken ist, welches sich am füglichsten in drey Abschnitte zusammen fassen lässet.I. Was dessen Aussprache betrifft, so erscheinet er in derselben in einer dreyfachen Gestalt.1. Dienet er zur Verdoppelung des h und k, und nimmt alsdann deren Laut an sich; S. Ch und Ck besonders, jedes an seinem Orte.2. Lautet er wie ein z, vor einem ä, e, i, ö, ü, y und den daraus entstehenden Doppellauten äu, eu, ei, ey und ie; wie in Cäsar, Cäsalpin, Ceder, Citrone, Cicero, Cölius, Cybele, Cypern u. s. f. Von dieser Regel weichen die eigenthümlichen Nahmen Cöln, Cöthen, Cüstrin und Cärnthen ab, wo das C wie ein K lautet. Das letztere schreibt man auch jetzt lieber Kärnthen; Körper aber ist aber schon seit langer Zeit nicht mehr Cörper geschrieben worden.3. Lautet er wie ein k, so wohl vor dem a, o, u und den Diphtongen ai und au, wie in Cadir, Cato, Coblenz, Cur u. s. f. als auch vor einem Consonanten, Client, Clarisse, Credit, Clavier, Ctesiphon, welches doch nunmehr lieber Ktesiphon geschrieben wird; als endlich auch am Ende einer Sylbe, Iccius, Spectakel.Ehedem hatte dieser Buchstab noch ein anderes Amt, denn er dienete auch zur Verdoppelung des z. Dieser Gebrauch findet sich in den ältesten Deutschen Denkmählern sparsam, in den mittlern Zeiten aber desto häufiger; denn da schrieb man Wiez, erczaigen, Pfalezgraff, Maincz, czu, Getänez, churez, chraczen, Arczt, Erczeney u. s. f. In den neuern Zeiten ist das tz, doch mit einigen Einschränkungen, an dessen Stelle getreten. Nur in dem Slavonischen Czar, hat man es noch hin und wieder behalten, ob es gleich wie Tzar gesprochen, und von dem meisten Zar geschrieben wird.II. In Ansehung des Gebrauches, hat dieser Buchstab allerley widrige Schicksale gehabt, und noch jetzt sind die Stimmen über denselben sehr getheilet. ich bin bey dieser Verschiedenheit der Meinungen in dem gegenwärtigen Wörterbuche folgenden Regeln gefolget, wobey ich die Mittelstraße zwischen einer sclavischen Anhänglichkeit an die vorigen Jahrhunderte und der uneingeschränkten Neuerungsliebe der heutigen zu treffen gesucht habe.Die Wörter, in welchen das vorkommt, sind entweder einheimische oder fremde Wörter.1. Sind sie einheimische, so bin ich der Gewohnheit, der unumschränkten Gesetzgeberinn in allen Sprachen, gefolget. Ich habe also Char, Churfürst u. s. f. geschrieben, weil man von undenklichen Zeiten her so geschrieben hat, und noch so schreibt. Der Einwurf, daß Chur von kören herkomme, heißt hier nichts, weil man eher churen und chören, als kuren und kören geschrieben hat, wie aus dem folgenden Abschnitte erhellen wird. Eben so verhält es sich auch mit den eigenthümlichen Nahmen Carl, Conrad, Cunigunde, Canstadt, Creilsheim, und hundert andern, die seit undenklichen Zeiten schon in dem Besitze des C sind. Da so viele kritische Versuche, das K. in diesen Wörtern einzuführen, vergeblich gewesen, so würde es töricht seyn, sich demherrschenden Geschmacke zu widersetzen; ob es gleich um der Gleichförmigkeit willen zu wünschen wäre, daß auch in diesen Wörtern das K angenommen werden möchte, wie es schon in Kreis, Kaldaunen, Kranz u. a. m. geschehen ist, die ehedem von den meisten auch noch mit einem C geschrieben wurden.2. Die fremden Wörter haben entweder schon das deutsche Bürgerrecht erhalten oder nicht.1) In dem ersten Falle, sind sie seit langen Zeiten üblich, und haben in ihrer ganzen äußern Gestalt das Ansehen Deutscher Wörter bekommen, obgleich ihr Stoff ausländisch ist; und das ist es freylich billig, daß man sie auch in der heutigen Schreibart den übrigen Deutschen Wörtern gleich mache, man schreibe also Kaiser, Kanzel, Kloster, Kreuz, Küster, Körper, Kaffeh, Kanone, Kiste, Keller, Krone, Kreatur, Kerker, Kaninchen, Kafiller, Kajüte, Ziffer, Zither, Zingeln, Bezirk, Zinnober, Zimmer, Zins, die Zent, der Zentner, Zirkel, u. s. f. weil dich einmahl die meisten Deutschen Wörter mit diesen Buchstaben geschrieben werden. Es ist nur die Frage, welches wirklich eingebürgerte Wörter sind? In Ansehung der obigen werden wohl nur noch wenige einigen Zweifel haben. Aber es gibt andere, deren Bürgerrecht zweifelhafter ist; z. B. Cloak, Capelle, Clavier, Scepter, Sclave, Ducat, u. s. f. Die Sachen, die diese Wörter bedeuten, sind bey uns allgemein, wir haben auch keine andern Wörter, sie zu benennen, und diese Ausdrücke selbst haben doch schon hinten einen Deutschen Schnitt bekommen, warum wollte man denn ein bedenken tragen, sie vorne Deutsch zu kleiden? Und doch werden viele sie ungern Kloak, Kapelle, Klavier, Zepter, Sklave, Dukat schreiben wollen. Weil die Stimmen hier noch getheilet sind, so kann man es niemanden verargen, er erkläre sich für eine Partey, für welche er will.2) Sind aber diese Wörter erst in den neuern Zeiten eingeführet worden, und haben sie in dem Munde der Deutschen nur eine geringe Veränderung erlitten, die etwa nur die Endsylbe betrifft, so ist es billig, sie mit den Buchstaben zu schreiben, mit welchen die Sprache sie schreibet, aus der man sie entlehnet hat. College, Correspondent, Cicero, Crucifix, Confistorium, Commissarius, Contract, und tausend andere mehr, würden einen seltsamen Anblick manche, wenn man ihnen ihr eigenthümliches C nehmen wollte. Hierher gehören auch die fremden eigenthümlichen Nahmen, die man nie anders schreiben sollte, als sie in ihrem Vaterlande selbst geschrieben werden. Wie wunderlich ist es, den Nahmen Kopenhagen noch jetzt mit einem C zu schreiben, da er im Dänischen nie so geschrieben worden, und über dieß von kiobe, kaufen, abstammet.Ich sage, am müsse die Wörter so schreiben, als die Sprache sie schreibet, aus der man sie entlehnet. Man schreibt also richtig Cavallier, Cabinett u. s. f. weil die Franzosen sie so schreiben, von denen wir sie angenommen haben, und nicht Kaballier, weil es von dem Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – kommt, oder Kabinet, weil es von dem alten Kemnate abstammet soll. Ein Wort vorn mit einem Griech. K, und hinten mit einem Franz. ier macht einen wunderlichen Contrast. Über dieß würden wir nie fertig werden, wenn wir erst den Ursprung eines ausländischen Wor- [1287-1288] tes aufsuchen müßten,ehe wir uns in Ansehung einer Schreibart bestimmen könnten.Da die meisten diese Wörter eine Deutsche Endsylbe bekommen, so ist es nunmehr auch gewöhnlich, diese, wenn es die Aussprache nothwendig macht, mit solchen Buchstaben zu schreiben, die in andern Fällen im Deutschen gewöhnlich sind. Dieses betrifft so wohl die Endungen, wo das c am Ende wie ein z lautem muß, wo man es mit dem letztern vertauscht, Commerz-Collegium, Sedez, Duodez; als auch die Latein. Endung culus, cula, culum, zumahl da sie im Deutschen ein e bekommen, welches die Aussprache des c verändern würde; Partikel, Matrikel, Artikel, Bakel, Orakel, Spectakel u. s. f. die man ehedem wohl Particul, Articul u. s. f. schrieb. Auch in denjenigen Wörtern, wo das fremde c wie ein gelindes F lautet, ersetzet man es durch das s, um nicht zu einer falschen Aussprache Anlaß zu geben: Sensal, Servellat-Wurst. Eben so ersetzt man das ausländische c im Deutschen am besten nach einem geschärften Vocal durch ein ss und nach einem gedehnten und zu Anfange einer Sylbe durch ein ß: Curassao, Faße, Sauße, Franßois, Fasson.Ein Umstand macht hier nur noch einige Schwierigkeit, nehmlich die Schreibart der ursprünglich Griechischen und Hebräischen Wörter. Unsere Verfahren, die diese Wörter nur aus dem Lateinischen kannten, schrieben das – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – und – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – durchgehends mit einem c, weil sie es im Lateinischen so geschrieben fanden. in den neuern Zeiten, da man anfing, mehr zu den Grundsprachen selbst zurück zu gehen, hielt man es sich für eine Schande, sie nach der alten Art zu schreiben, und that daher den Vorschlag, ihnen ihr eigenthümliches K wieder zu geben, da wird diesen Buchstaben einmahl haben. Der Vorschlag fand Beyfall, denn er ließ gelehrt. Man schrieb also nicht mehr Cain, Catechismus u. s. f. sondern Kain, Katechismus, Kadmus, Nikolaus, Katharina, Ktesiphon, katholisch, Katheder, Kritik, Kainan, Kaiphas, Kallai, Kleophas, Korban, u. s. f. weil sie im Griechischen und hebräischen ein – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – oder -hier nichtlateinischer Text, siehe Image – haben.Allein es äußert sich doch dabey der unangenehme Umstand, daß die Aussprache vieler solcher Wörter durch die verderbte spätere Aussprache des alten Römischen c verfälscht worden ist, so daß man dennoch nicht alle diese Wörter mit ihren eigenthümlichen Buchstaben schreiben kann; welches denn eine verdrießliche Ausnahm von der Regel macht. Wir müssen also noch immer Centaur, Cerberu, Cepheus, Cimon, Cypern, Thucydides u. s. f. ächten Römischen Art Kentaur, Kerberus u. s. f. sondern mit dem spätern Zischlaute aussprechen. In diesen und andern ähnlichen Wörtern auch eine Änderung der allgemeinen Aussprache vorschlagen, stehet nur grammatischen Wagehälsen zu.III. Was endlich die Geschichte diese Buchstabens betrifft, so ist solche freylich sonderbar. den Römern vertrat er die Stell des Griechischen -hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , und sie sprachen ihn auch vor allen Vocalen wie ein k aus. Das ist etwas bekanntes, und wer es noch nicht weiß, kann es unter andern auch von dem ehrlichen Priscian lernen. Sie schrieben Cicero, und sprachen – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , denn so schrieben auch die Griechen diesen berühmten Nahmen, welchen sie gewiß – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – ausgedruckt haben würden, wenn die Aussprache es erfordert hätte. Das Wort Caesar muß auch noch lange – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – gelautet haben, weil selbst das Deutsche Kaiser daraus entstanden ist. Vielleicht wich schon die Römische Bauersprache in dem Laute des C ab, doch das ist nur eine Muthmaßung; das aber ist gewiß, daß die Aussprache dieses Buchstabens sehr verderbt wurde, als Italien von fremden Nationen überschwemmt wurde, oder auch, als die Römische Sprache die Hof- und gelehrteSprache so vieler fremden Völker, die nunmehr anfingen, dem c vor dem ä, e, i, ö, ü, y, ihren Zischlaut unterzuschieben.Die meisten Deutschen Sprachlehrer behaupten, das C sey kein Deutscher Buchstab. Dieser Satz ist unrichtig, man mag ihn ansehen, von welcher Seite man will. Die Deutschen haben gar keine eigenen Buchstaben, sondern sie haben ihre Schrift den Lateinern zu verdanken. mit dem Römischen Alphabete bekamen sie auch das C und zwar in dem uneingeschränktesten Gebrauche desselben, so daß das K ihnen lange eben so unbekannt war, als den Lateinern. In dem Salischen Gesetze, dem ältesten Deutschen Denkmahle, findet sich keine Spur eines k. Die Angelsachsen gebrauchten statt desselben beständig ein c. So schrieben sie Cersile, cernan, ceosan, Cinne, citelan, und sprachen Kersille, Kerbel, kernan, buttern, kosan, kiesen, Kinne, Kinn, kiteln, kitzeln u. s. f. Das Longobardische Alphabet kennet gleichfalls kein k. Wie kann man denn sagen, das C sey kein Deutscher Buchstab, da es doch eher von den Deutschen angenommen worden, als das K?Mit den nördlicher gelegenen Völkern verhielt es sich anders. Da die Römer nicht bis zu ihnen kamen, so waren sie auch weit länger ohne Schrift; denn was man ehedem von dem hohen Alter der Runen vorgab, das hat bey einer genauern Untersuchung der neuern Zeiten, eine große Einschränkung gelitten. Als nachmahls die Normannen und Schweden so wohl durch ihre Land- als Seereisen mit dem Griechischen Kaiserthum in Bekanntschaft kamen, so lerneten sie da den Gebrauch des Griechischen Alphabetes, welches nachmahls unter ihnen den Nahmen und die Gestalt der Runen bekam. Und daher rühret es, daß das c in den nordischen Mundarten nie so häufig gebraucht worden, als das k. Aus dieser Ursache wollen auch die heutigen Niedersachsen von keinem c etwas wissen, weil ihre Mundart der nordischen näher kommt als der Oberdeutschen, ob sie es gleich in dem ch nicht entbehren können.Was endlich die Oberdeutschen betrifft, so ist es sehr glaublich, daß sie anfänglich eben so wenig ein anderes k gehabt, als das c, dem sie in Ermangelung anderer Schriftzeichen auch das Amt auftrugen, den ihnen eigenthümlichen Hauchlaut auszudrucken. Kero, der älteste Alemannische Schriftsteller, gebraucht das c ohne Unterschied für k, g, ch und z, denn er schreibt chamsan, kämpfen, churen, kören, cechoroti, geköret, Crimm, Grimm, uuec, weg, Kanc, Gang, Cot, Gott, leccan, legen, Honec, Honig, cernlih, gern, cuat, gut, euuic, ewig, Cold, Gold, Scuala, Schule, scal, soll, Scrifti, Schrift, citi, Zeit, Cello, Zelle. Es ist unbekannt, durch wen das Griechische – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – den Alemannen bekannt geworden. Vielleicht ist es durch den Ulphilas geschehen, bey dem es häufiger vorkommt, als das c. Kero hat es schon, aber noch sehr sparsam. Ottfried, ein Franke, gebraucht es schon häufiger, obgleich das c sich bey ihm noch hin und wieder in allen obigen Fällen findet. In diesen Umständen blieb das, bis die Hochdeutsche Mundart sich zu bilden anfing, in welcher es, so fern es den Laut eines k hat, immer mehr von einem Ansehen verlor, bis es endlich in eigentlich Deutschen Wörtern nur auf einige sehr wenige eingeschränkt wurde, aus deren Besitz man es auf einige sehr wenige eingeschränkt wurde, aus deren Besitz man es auch schon mehrmahls zu verdrängen gesucht hat. Ein mehreres S. in meiner Orthographie, und hier in Ch und Ck. [1289-1290]
D
, der vierte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher sehr gelinde, gelinder als das th, so wie das Latein. d und Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – ausgesprochen wird; daß, der, dein, Dach, du, beyde, Brüder. Doch weicht es von dieser gelinden Aussprache ab, so oft es am Ende einer Sylbe stehet, da es beynahe so hart wie das t lautet, Bad, blind, Wind, Bild, niedlich, schädlich, Tod, Herd; es müßte denn das d bloß durch eine Elision an das Ende der Sylbe gerathen seyn, in welchem Falle es seine gelinde Aussprache behält, wie in würdgen, für würdigen, tadlen, Tadler, für tadeln und Tadeler, Adler, für Adeler oder Adelaar. Freylich gibt es noch andere Wörter, besonders Diminutiva auf lein, wo es sehr gelinde ausgesprochen wird, wie in Bändlein, Mündlein, Kindlein, Hündlein, Händlein u. s. f. wozu man auch das Nebenwort blindlings rechnen kann. Allein hier rühret die weiche Aussprache vermuthlich daher, weil man in solchen Verkleinerungswörtern, besonders im Oberdeutschen so gern ein e vor der Endsylbe einschiebet, Bändelein, Mündelein, Kindelein u. s. f.Man siehet hieraus zugleich, das man diejenigen Wörter, wo das d notwendig weich lauten muß, nicht um ihr Schluß e bringen dürfe. Bürde, Erde, gelinde, geschwinde, Freude, Gnade, Heide, Lade, Sünde würden eine der Hochdeutschen Mundart ganz fremde Aussprache bekommen, wenn man das e unterdrücken wollte, ob man gleich im Oberdeutschen Bürd, Erd, gelind, Gnad u. s. f. schreibt und spricht.Dieser Buchstab wird im Hochdeutschen selten verdoppelt, und Widder ist vielleicht das einzige Wort dieser Art. Um deßwillen ist auch die Sylbe, welche vor demselben hergehet, alle Mahl gedehnt, Boden, Faden, Feder u. s. f. Nur muß man die Gewohnheit einiger Mundarten, besonders der Schlesischen, welche diese und andere Wörter mit einem kurzen Vocal aussprechen, als wenn sie Bodden, Fadden, Fedder geschrieben wären, nicht mit in Rechnung bringen. Wohl aber lässet sich das d mit dem t verbinden, welches doch eigentlich nur in solchen Fällen geschiehet, wo ein e weggeworfen worden, abgewandt für abgewendet, er empfindt für empfindet. Hierher gehöret auch Beywort todt, welches wirklich das Mittelwort von dem veralteten doen, toden, sterben, ist, und für todet stehet. Die Stadt, urbs, hat den langen Gebrauch für sich, aber bey Brot, Schwert, und noch einigen andern ist keine begreifliche Ursache des dt vorhanden.Die Substantiva, welche sich mit diesem Buchstaben endigen, haben sein gewisses Geschlecht. Man findet ihrer von allen Geschlechtern. In vielen ist das Schluß d. das Merkmahl eines Abstracti, da es denn der Überrest der Sylbe de ist, wie in Jugend, Gegend und andern mehr: S. De. Andere Substantiva auf d sind ursprünglich Participia, und zwar so wohl von der gegenwärtigen Zeit, wie Freund, Feind, Hund, Abend, Wind, Mond, als auch von der vergangenen, wie Brand, Jagd, u. s. f.Die Deutschen haben diesen Buchstab mit dem Lateinischen Alphabete bekommen, und man findet ihn schon bey dem Kero in vollem Gebrauche. Nur die Fränkischen Schriftsteller thaten nachmahls etwas sparsam damit, indem sie zu Anfange der Wörter ein th schreiben, und das d in die Mitte verwiesen, wodessen weiche Aussprache am merklichsten ist. So schreibt Ottfried beständig ther, thaz, thanne, thu, thoh, thenkan u. s. f. vermuthlich, weil er und seine Landsleute hier eine härtere Aussprache hören ließen, als sie dem d beylegen konnten. Der Alemannische Dialekt scheinet diesen seinen Unterschied, wenn ja einer gewesen ist, nicht gekannt zu haben, denn da findet man zu Anfange der Wörter entweder d oder t, und die Hochdeutschen haben ihn noch mehr vernachlässiget, indem in der Aussprache des th, und t bey ihnen fast gar kein Unterschied ist. S. Th. Die weiche Niedersächsische Mundart macht unter allen Deutschen Mundarten den häufigsten Gebrauch von dem d. Sie spricht Dag, Dod, god, vergöden, gadden, Graden, für Tag, Tod, gut, vergüten, gatten, Gräthe, und da auch dieß für ihre zarten Sprachwerkzeuge noch zu hart ist, so wirkt sie es oft gar weg, und da wird doen, vergaen, gaen, Graen, für tödten, vergüten, gatten, Gräthe. Die Hochdeutsche hält auch hier zwischen der Ober- und Niederdeutschen das Mittel. [1359-1360]
E
, der fünfte Buchstab des Deutschen Alphabetes und der zweyte unter den Vocalen oder Hülfslauten.1. Dieser Buchstab hat im Hochdeutschen einen doppelten Laut, indem er theils wie das e der Lateiner in meus, heri, bene, merito u. s. f. theils aber auch wie a lautet.Das erste e, welches auch aus das hohe e genannt wird, und, wenn es den Ton hat, dem e ferme der Franzosen gleicht, wird am häufigsten gebraucht; ob sich gleich alle die Fälle, in welchen es vorkommt, nicht leicht unter gewisse bestimmte Regeln bringen lassen. Vor dem h ist es in den meisten Fällen hoch, und hat zugleich den Ton; wie in gehen, sehen, stehen, mehr, u. s. f. Indessen gibt es auch Fälle, wo es wie ä lautet, wie in fehlen, hehlen, Hehler, stehlen, Mehl, nehmen, sehnen u. s. f. In zehren, wehen, drehen und andern mehr, wird es selbst im Hochdeutschen oft hoch, am häufigsten aber tief ausgesprochen.Das tiefe e, das e ouvert der Franzosen, lautet wie ä, und findet sich in der ersten Sylbe vieler zweysylbigen Wörter, dergleichen leben, geben, Hebel, ledig, reden, Segel, Kegel Elend, lesen, Wesen, bethen, treten, selig u. s. f. sind. In allen diesen Fällen ist es zugleich gedehnt und hat den Ton. Geschärft aber ist es in Berg, Werk, Zwerg, Essig, Kessel, lecken, Zweck, strecken u. s. f.Das verdoppelte e oder ee, oder das Zeichen des gedehnten e, ist in den meisten Fällen hoch, See, Klee, Meer, Heer, Beere, leer, Seele, das Beet, Allee, die Beete. Denn Scheere, scheeren, scheel, Meet, sind bloße Neuerungen, für Schere, scheren, schel, Meth.Da der Übergang von einem Selbstlaute zu dem andern in allen Sprachen etwas gewöhnliches ist, so darf man sich auch nicht wundern, wenn verschiedene Deutsche Mundarten statt des Hochdeutschen e andere Töne hören lassen. So sprechen die rauhern Oberdeutschen Mundarten, linka Seitha für linke Seite, Wunda für Wunde; die Schlesier Fahl für Fell, Nalken für Nelken, ihrlich für ehrlich, Siele für Seele, gihe für gehe; die Pfälzer Ältisten für Ältesten, spätisten für spätesten, wehrtister für werthester; einige Niedersachsen Bieke, in Zwey Sylben, für Beke, Bach, Tiewe für Tewe, Hündinn, Jesel für Esel u. s. f. Selbst die Hochdeutsche Mundart ist davon nicht frey; denn daher rühret unter andern auch die Verwandtschaft der Vocale so wohl in vielen abgeleiteten Wörtern, als auch in der Conjugation der irregulären Zeitwörter. So kommt von Berg Gebirg, und von Werk wirken; so gehet das e in a über, in kennen, ich kannte, gekannt, brennen, brannte, gebrannt, genesen, genas; in ie, befehlen, du befiehlst, schwer, schwierig; in i, bergen, du birgst, geben, du gibst, brechen, du brichst, brich, ich esse, du issest; in o, ich pflege, gepflogen, brechen, gebrochen, schelten, gescholten, zuweilen, obgleich seltener, auch in u, stehen, ich stund, für ich stand, werden, ich wurde.2. Der Gebrauch dieses Buchstaben ist von einem sehr weiten Umfange. Ohne hier dasjenige zu wiederhohlen, was in der Sprachlehre und Orthographie davon gesagt worden, sollen nur ein Paar Stücke davon bemerket werden.1) Am häufigsten dienet dieser Vocal zur Flexion der Wörter am Ende, welche der Regel nach allein durch ihn geschiehet. Erdienet zur Declination, der Mann, des Mannes, dem Manne, die Männer; der Trieb, des Triebes, dem Triebe, die Triebe. Zur Comparation, süß, sußer, der süßeste; hoch, höher, am höchsten. Zur Conjugation, ich tödte, du tödtest, er tödtet, ich tödtete, getödtet, tödten. In allen diesen Fällen ist er kurz, und gemeiniglich auch von dem Tone verlassen. Ja er wird in vielen Fällen gar weggelassen, wie hernach wird gesagt werden.2) Dienet dieser Buchstab auch zur Bildung neuer Wörter. So werden aus Adverbien vermittelst des angehängten e Hauptwörter, das Abstractum derselben auszudrucken; gut, Güte, lieb, Liebe, stark, Stärke, groß, Größe, mild, Milde, dürr, Dürre u. s. f. Alle solche Substantive sind weiblichen Geschlechtes.3) Eine der vornehmsten Verrichtungen dieses Vocales ist die Beförderung des Wohlklanges. Dieses e euphonicum verdienet hier ein wenig umständlicher entwickelt zu werden.Die Hochdeutsche Mundart beobachtet die Mittelstraße zwischen der allzu großen Weichlichkeit der Niedersächsischen, und der rauhen Härte der Oberdeutschen Mundart. Die letztere zu mildern, hat sie unter andern auch den weichen Consonanten b, d, g, s, dem gelinden ß, und dem w, welche am Ende nicht anders als hart ausgesprochen werden können, ihre erste gelinde Aussprache wieder gegeben, und dieses konnte nicht anders als durch Anhängung eines e geschehen. In Bild, Sieb, Raub, lang, des, Haß lauten die letzten Consonanten wie t, p, k, ß und ss. Allein in tausend andern Wörtern, wo die Hochdeutsche Mundart weichere Mitlaute hören lassen will und muß, ist das e unentbehrlich. Dahin gehören Bube, Knabe, Schwabe, Gewölbe, Gewerbe, Glaube, Rabe, Gnade, Friede, behende, spröde, blöde, Schade, geschwinde, Heide, Habe, Stube, gerade, herbe, Gebäude, Gewinde, Gemählde, Ende, enge, geringe, träge, das Beschläge, das Auge, Gebirge, Gedränge, böse, lose, leise, weise, Franzose, Matrose, Hase, Accise, Gekröse, Getöse, Preuße, Löwe; ingleichen die Imperativi, welche sich auf einen von diesen Mitlauten endigen, liebe, büße, begnüge, borge, sage, klage u. s. f. Alle diese Wörter lautet im Oberdeutschen hart Bub, Knab, Schwab, blöd, Rab, Heid, bös, weis, Has u. s. f. In andern Wörtern aber, wo die Hochdeutsche Mundart die Oberdeutsche Aussprache behalten hat, würde es ein Fehler seyn, sie durch ein angehängtes e weicher zu machen. Man spricht und schreibt also bald, Geduld, Schuld, lang, (außer wenn es das Nebenwort der Zeit lange ist,) jung, gib, lis u. s. f.Dieser Regel folgen auch einige andere Wörter, welche sich auf einen Hauch- oder Lippenbuchstab endigen, denen im Hochdeutschen gleichfalls ein e angehänget wird, vermuthlich, um die harte Einsylbigkeit dadurch zu heben. Dergleichen Wörter sind, z. B. Affe, Laffe, Gedanke, Funke, Schnepfe, Franke, Türke, Sache, Stampfe, Drache u. s. f. dagegen Glück, Geschick, dick, Graf, Gespräch und andere dieser Milderung nicht bedürfen.Auch gehören hierher die Gentilia, welche sich nicht auf ein r endigen, und dergleichen außer den oben gedachten sind, der Däne der Schwede, der Pohle, der Russe, der Norwege, der Böhme, der Hesse, u. s. f. welche dieses e nur um des Wohl- [1625-1626] lautes willen annehmen, dagegen die, so sich auf ein r endigen, wie Baier, Perser, Indier, Pommer, Märker u. s. f. es nicht bedürfen.Hieraus erhellet zugleich, wie unrecht diejenigen daran sind, welche manchen Wörtern, die nicht unter diese Fälle gerechnet werden können, ein unnützes e anhängen, und späte, ofte, dünne, Narre, schöne, ihme, indeme, Poete, Prophete, Fürste u. s. f. sprechen und schreiben. Eben so merklich ist der Übelklang bey den auf solche Art ohne gehörige Ursache verlängerten Neutris, Glück, Geschick, Geschenk, Geschlecht, Geblüt, Gemüth, Gesetz, Netz, Gedicht, Gerücht, Gewicht, Geräusch, Gewächs u. s. f. Nur einige einsylbige Nebenwörter vertragen dieses e, wenn sie am Ende einer Periode zu stehen kommen, um den Mißklang zu vermeiden, den ein einsylbiges Wort in diesem Falle verursachen würde, Mehr ist von diesem e in der Orthographie gesagt worden.3. Weil das e, nicht das e euphonicum, sondern dasjenige, welches die Wörter am Ende beugen hilft, die Rede oft schleppend macht, so kann und muß es oft weggelassen werden. Diese Weglassung ist,1) Nothwendig. (a) Im Dative der Hauptwörter, wenn sie ohne Artikel stehen, S. 1 Der, S. 1454. (b) In einigen Superlativen. Der beßte oder beste für besseste, der liebste für liebeste, der dümmste, frömmste, gröbste, höchste, nächste, schwächste, jüngste, längste, u. s. f. Besonders diejenigen, welche sich im Positive auf ig, lich, ach, bar, sam, em, en und er endigen. (c) In den Mittelwörtern der vergangenen Zeit auf et, ein Geliebter, Betrübter für Betrübeter, verstimmte Saiten, ein geübter Redner u. s. f. Nur nicht, wenn schon ein anderes t vorher gehet; ein gerichtetes Haus, nicht gerichttes, ein verpflichteter Diener. (d) In einigen Zeiten mancher Verborum. Ich liebte, lobte, für liebete, lobete. (e) In den Endungen elen, eren der Zeitwörter, wo am besten das zweyte, von härtern Mundartern aber das erste e verbissen wird. Mauern (mauren) dauern, (dauren), lauern, (lauren) für maueren, daueren, laueren; mangeln, (manglen) segeln, (seglen) für mangelen, segelen.2) Bloß erlaubt ist sie, besonders in der vertraulichen Sprache des Umganges und in der Poesie, in allen Fällen, wo der Wohlklang nicht darunter leidet, das ist, wo durch die Zusammenziehung nicht zu viele und zu harte Mitlauter zusammen kommen. So wird das e des Genitivs und Dativs, auch wenn ein Artikel vorhanden ist, in den Adjectiven auf ein kurzes en, in den Mittelwörtern der vergangenen Zeit auf en, in den Infinitiven mancher Zeitwörter, in den Comparativen und Superlativen u. s. f. sehr oft verschlungen. Die kühle Luft am Abend, die Stärke des Thiers, sein eignes Vermögen; geh, steh, beßre Menschen, das völlste Faß. [1627-1628]
F
[i] F, [1-2] der sechste Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher mit den Lippen ausgesprochen und zugleich mit einem merklichen Winde begleitet wird, daher er auch zu den so genannten Blaselauten gehöret. Er wird gemeiniglich wie ein v, aber stärker als ein w ausgesprochen. Nur in der Mitte einiger Wörter kommt er im gemeinen Leben, nach dem Vorgange der Niedersachsen, dem letztern nahe, Briefe, Hafen, Hafer, prüfen, Schwefel; welche, aber sehr irrig, wie Briewe, Hawen, Hawer oder Haber, prüwen, Schwewel lauten. Nach einem gedehnten Vocale wird dieser Buchstab so wenig verdoppelt, als nach einem Consonanten, Graf, Schlaf, Hof, rufen, laufen, greifen, scharf, dürfen, werfen, Wölfe; wohl aber nach einem geschärften, Affe, schlaff, straff, treffen; selbst wenn dieser aus einem gedehnten entstanden ist, soff, pfiff, griff. Am Ende einiger fremden Wörter, Laxativ, Perspectiv, Vomitiv, Positiv, u. s. f. schreibt man richtiger ein v als ein f. Die Niederdeutsche Mundart gehet mit diesem Buchstaben sparsamer um, als die Oberdeutsche, welche gern so viel bläset, zischet und hauchet, als nur möglich ist. Wenigstens gebrauchen die Niedersachsen für unser ff beständig, und für das einfache f sehr oft ein p; drepen für treffen, apen für offen, slapen für schlafen, ropen für rufen, deep für tief, Piper pip up für Pfeifer pfeif auf, wo sich die Oberdeutsche Fülle des Mundes in ihrer ganzen Größe zeiget. Nach einem gedehnten Vocale schiebt die Niedersächsische Mundart dem Hochdeutschen f sehr oft ein v unter, welches alsdann wie das gelindeste w lautet, Düvel, Teufel, to Have, zu Hofe, kiven, keifen. Dagegen die Oberdeutschen, denen f und ff noch nicht hart genug sind, das erstere oft noch durch ein p verstärken, pflegen, Pfriem, pflügen, Tropfen, stopfen. S. Pf. Daß b, f, v, w und p, so wie alle Buchstaben, welche mit einerley Sprachwerkzeugen ausgesprochen werden, sehr oft in einander übergehen, ist bekannt. Daher schreibt man voll und füllen; vor, fordern, firn und für; Volk und folgen; fest, vest; Hefen, heben, heftig und Holl. hevig; geben und Gift; Schöppe und Schöffe; graben und Gruft; treiben und Trift; Wapen und Waffen; Flitz, Blitz und plötzlich; Fahne, Band, pannus, und winden; Fuß, Pfote, Pfad, Boden, pes, Padde; flach, Blatt, platt, breit, – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – ; bären, heben, ferre, – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – ; beren oder peren, schlagen, ferire; Bruder, frater; ab, Nieders. af; haben, Haft, haften; reiben, rapere, Schwed. rifwa u. s. f. Im Niederdeutschen und Oberdeutschen wechseln sogar ft und cht oft mit einander ab; häften, Nieders. und Holl. hechten; Schaft, Nieders. Schacht; Luft, Nieders. Lucht; Heft, Nieders. Hecht; sacht, Nieders. soft; schichten, Nieders. und Holl. schiften, Schwed. skifta; Kraft, Holl. kracht; Stift, Nieders. Sticht, Holl. flickt; züchtigen, Isl. tyfta u. s. f. Zu Anfange der Wörter gehöret dieser Buchstab nicht alle Mahl zur Wurzel, und fast nie vor dem r und l, welche so gern einen Lippenbuchstaben vor sich haben. Man muß daher diesen und die mit ihm verwandten Buchstaben vorher wegwerfen, wenn man der Wurzel eines solchen Wortes nachspüren will, welche in den Mundarten und verwandten Sprachen noch oft ohne diesen Blaselaut angetroffen wird. So findet sich das Stammwort von Flur noch in dem Wallis. Llawr, der Boden, Platz, von Flocke in dem Deutschen Locke, von fragen in dem Alemann. rahha, eine Erzählung, und dem Latein. rogare, von flau in dem Nieders. lau, von flach in dem Holl. lag, breit, und dem Deutschen lage, lege, von Flamme in dem Angels. und Dän. lioma und Lat. lumen, von Flanke in dem Nieders. Lanke, von fressen in dem Deutsch. reißen, raden, rotten, und Latein. rodere, von Frucht in dem Deutsch. Rocken, von frisch in dem Niedersächs. risch, rasch, von Pfrieme in dem Deutschen Kieme, rammen u. s. f. Siehe die mit Fl und Fr anfangenden Wörter. In allen diesen Fällen scheinet das f ein bloßer willkührlicher Laut ohne Bedeutung, eine zufällige Eigenschaft der Sprachwerkzeuge zu seyn; ob es gleich auch Fälle gibt, wo es wenigstens wahrscheinlich wird, daß die Partikel be mit der Zeit in ein bloßes blasendes f übergegangen ist. [1-2]
G
G, [383-384] der siebente Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher mit dem Gaumen ausgesprochen wird, und gemeiniglich härter lautet, als ein j, und gelinder als ch und k. Ich sage gemeiniglich, weil diese allgemeine Regel noch manche, so wohl richtige als unrichtige Ausnahmen leidet. Am häufigsten findet diese Aussprache, welche mit der Aussprache des Ital. gh und Franz. gu überein kommt, Statt, zu Anfange eines Wortes oder einer Sylbe. Gabe, Glaube, bringen, Grab, Glocke, Glucke, Grube, gehen, hängen, tragen, Gork, ungern. Freylich machen die Mundarten hier allerley Abweichungen, aber das sind Landschaftsfehler und keine Ausnahmen. So pflegen die Niedersachsen, welche natürliche Feinde aller Hauchlaute sind, ingleichen die Schlesier u. a. m. diesen Buchstab zu Anfange eines Wortes gern wie ein gelindes k auszusprechen. Klocke, Kork, Klaube, Knade, keben, kehen, Kott, Kukkuk, Krume, für Glocke, Gork u. s. f. Hingegen sprechen andere Mundarten, z. B. die Märkische, dieses g so schlüpfrig aus wie ein j; jähnen, jäscht, jäschen, jischen, jäten, jern. Jott u. s. f. welche Wörter doch so wohl der echten Hochdeutschen Aussprache, als der Abstammung nach, insgesammt ein G erfordern. Jäh, jählings, Jachzorn lassen sich entschuldigen, weil in dem davon abstammenden Jagen das J sehr alt und allgemein ist, dagegen gehen, welches gleichfalls zu diesem Geschlechte gehöret, seinem g treuer geblieben ist. Eben diese Aussprache behält es, wenn es am Ende eines Wortes oder einer Sylbe nach einem gedehnten Selbstlauter stehet; der Weg, Krieg, Sieg, Tag, Steg, Flug, Erfolg, Vertrag, Zug, Zweig, Zeug, er trug, trüglich, möglich, kläglich, behäglich; ungeachtet es auch hier nicht an Mundarten fehlet, welche in allen diesen Stellen ein gelindes k hören lassen. Mit mehrerm Rechte lautet dieser Buchstab wie ein gelindes k, wenn er am Ende eines Wortes oder einer Sylbe nach einem geschärften Selbstlauter stehet; weg, besonders wenn ein n in einer und eben derselben Sylbe vorher gehet; Gesang, jung, Jüngling, Gang, lang, länglich, verfänglich, hing, Fang, Dung, Häring, Hang, Hornung, Klang, Rang, Ring, Schwung, Sprung, ursprünglich, Strang, Zwang, Ding. Wenn aber ein solches Wort am Ende wächset, so nimmt das g seinen eigenthümlichen gelinderen Laut wieder an, weil es alsdann nicht mehr zur vorher gehenden Sylbe gehöret; Gesänge, sie sangen, länger, gefangen u. s. f. Nach dem r wird es von den meisten, und vielleicht auch richtigsten Mundarten gelinde gesprochen; arg, karg, Berg, Werg, Sarg, verbarg, Burg u. s. f. ungeachtet auch hier viele ein gelindes k hören lassen. Eine Ausnahme von der oben gegebenen Regel macht die Endsylbe ig, wo das g beständig gelinde lautet, wenn gleich das i geschärft ist; Essig, Fittig, Lattig, Pfennig, Rettig, Käfig, steinig, dreytagig, felsig, vierfüßig u. s. f. Das g wird selten verdoppelt; geschiehet es aber, so spricht man beyde gelinde aus; Egge, Togge, Toggenburg. Ulphilas schrieb dieses gg nach Art der Griechen für ng; Aggilus für Engel, Aivaggelgo für Evangelium, Tuggo, Zunge, Figgr, Finger. Eben so stehet in dem Fragmente eines Gedichtes auf den Spanischen Krieg bey dem Schilter Spruggen, für springen. Da die eigenthümliche Aussprache dieses Buchstaben der Aussprache des ch so nahe kommt, so ist es kein Wunder, daß beyde so oft in einander übergehen; besonders wenn der gedehnte Vocal vor dem g in der Ableitung in einen geschärften übergehet, da denn das ch nothwendig wird. So schreibt man Gewicht, von wägen, Schlacht, von schlagen, Tracht, von tragen, gebracht, von bringen, Jacht, eine Art geschwinder Schiffe, von jagen, ich mochte, von mögen. Man hüthe sich, daß man das G, wenn es zu Anfange eines Wortes stehet, nicht alle Mahl für einen Stammlaut halte. In vielen Fällen ist es aus der Vorsylbe ge – entstanden, wie in gönnen von geunnen, Gunst von Ge – anst, gaffen von offen; besonders bey denjenigen Wörtern, welche mit Gl und Gr anfangen, wie in Glied, von Lied, Gleis, von Leis, gleiten, Glas, gleißen, Glaube, glatt, Glasur, Glanz, Gleich, Glimpf, Gras, grauen, graben, Grind, grob, grunzen u. s. f. wo es in manchen Wörtern bloß aus dem Oberdeutschen Hauche h und ch entstanden zu seyn scheinet. S. Ge – und die jetzt angeführten Wörter selbst. [383-384]
H
H, [865-866] der achte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher ein dreyfaches Amt hat. 1. Ist er ein Buchstab im eigentlichsten und schärfsten Verstande, welcher einen etwas starken, aber doch nicht an den Gaumen angestoßenen Hauch ausdrucket, wo er gleichsam den Übergang der Selbstlauter zu den Mitlautern ausmacht, indem jene wahre, aber sehr gelinde Hauche sind. Um dieser Ursache willen ist auch das H von einigen Sprachlehrern ein Halb-Vocal genannt worden. Es hat in dieser Gestalt einen doppelten Laut. Mit einem starken Hauche wird es zu Anfange eines Wortes ausgesprochen, wie im Habe, Haft, Hand, Herz, Hoch, Hund u. s. f. mit einem schwächern aber in der Mitte zu Anfange einer Sylbe, besonders nach einem Vocale, wie in gehen, sehen, flehen, geschehen, nahe, Ehe, wehen, leihen, drohen, wiehern, Mühe, ruhen, Reihe u. s. f. wo es im manchen Gegenden so gelinde ausgesprochen wird, daß man es fast gar nicht höret. Ja die Niedersächsische Mundart, welche eine Feindinn des Hauches ist, und die mit ihr verwandten Sprachen, verbeißen es in der Mitte gar; Nieders. gaan, gehen, Schwed. ga, Engl. go, Holländ. gaen, Nieders. teen, ziehen, scheen, geschehen, seen, sehen, Engl. see, Schwed. si, Holländ. sien; dagegen die Niedersachsen in manchen Wörtern statt des h ein i oder j hören lassen, wie in Moie, Moje, Mühe, bloien, blühen, Holländ. bloeyen, gloien, glühen u. s. f. Die Alemannische und einige andere Mundarten sprechen es auch in der Mitte, wenigstens in vielen Wörtern, mit einem so harten Hauche aus, der dem ch nahe kommt, sich für stehe, geschicht für geschiehet, Floch für Floh; und daher rühret es vermutlich, daß es auch im Hochdeutschen in solchen Wörtern, wo der gedehnte Vocal in den geschärften verwandelt wird, wirklich in das ch übergehet, wohin Gesicht, sichtbar, von sehen, Flucht von fliehen, Geschichte von geschehen, Zucht von ziehen, Verzicht von verzeihen, u. a. m. gehören. Die ältere Fränkische Mundart pflegte es gern dem l, r und w zu Anfange der Wörter vorzusetzen, da es denn nur vor dem l oft in das noch stärkere ch oder k überging; Hludewig, Chlodewig, Clodewig, Hlotharius, Chlotarius, Hrabanus, Hruodolf, Hwil, ein Rad u. s. f. Die Engländer sprechen ihr roli, wenn es ein Wort anfängt, noch so, und die Schweden schreiben es sogar, Schwed. Hwal, Walfisch, Hwalf, Gewölbe, hwar, wer, hwar, Engl. where, wo, hwerfwa, werfen, Hwete, Weitzen, Hwila, Weile, hwilken, Engl. which, welcher u. s. f. Dagegen gibt es ganze Völker, welchen die Aussprache dieses Buchstabens auch zu Anfange der Wörter sehr schwer ankommt, wohin besonders die Russen und Italiäner gehören. Das Beyspiel der letztern läßt vermuthen, daß auch ihre Vorfahren, die Lateiner, das h zu Anfange der Wörter sehr gelinde und vielleicht gar nicht ausgesprochen; daher es auch in der Lateinischen Prosodie für keinen Buchstaben gerechnet wird. Im Deutschen kann man ihm wegen seines bestimmten und merklichen Lautes die Eigenschaft eines wahren Buchstabens nicht absprechen. 2. Das zweyte Amt des h ist, daß es zuweilen das Zeichen eines gedehnten Selbstlauters ist, und als dann für sich nicht ausgesprochen wird. Dieses findet Statt am Ende einiger Wörter, welche sich auf einen Selbstlaut endigen, wie in Stroh, froh, Schuh, Ruh, roh, Vieh, rauh, früh, eh für ehe, wo aber in manchen noch ein anderer Grund in der Abstammung liegt, und da dienet das h zugleich den stärkern Hauch des Stammwortes zu erkennen zu geben. Noch häufiger wird dieses h in der Mitte vieler Wörter vor den vier flüssigen Selbstlautern l, m, n, r, zur Dehnung des vorher gehenden Selbstlauters gesetzet. So stehet es vor dem l, in Ahle, subula, fahl, Gemahl, das Mahl, mahlen, kahl, Stahl, Strahl, Wahl, Zahl, Pfahl, Fehl, fehlen, Kehle, Mehl, stehlen, hehlen, befehlen, Bohle, Kohl, Kohle, Stuhl, Sohle, hohl, hohlen, prahlen, Dohle, wohl, buhlen u. s. f. Vor dem m, in lahm, zahm, Ohm, Ahm, Ruhm, nehmen, ahmen Rahm u. s. f. Vor dem n, in ahnden, Ahnen, Bahn, Fahne, Hahn, Huhn, Kahn, Krahn, Lahn, lehnen, mahnen, Sahne, Wahn, dehnen, sehnen, Sehne, ihn, ihnen, Hohn, Lohn, Mohn, ohne, Sohn, wohnen, Dohne, Frohn u. a. m. Und endlich vor dem r, im Bahre, (nach andern Baare) wahr, bewahren, fahren, Fahrt, Gefahr, Jahr, Ehre, kehren, lehren, mehr, sehr, hehr, ihr, bohren, Ohr, Ruhr, Uhr, Fohre, der Gehren, begehren, gähren, Guhr u. s. f. Da das h in diesen Fällen, wenigstens der gemeinsten Meinung nach, ein bloßes Zeichen des vorher gehenden gedehnten Selbstlauters ist, so verstehet es sich von sich selbst, daß es unnöthig ist, wenn ein Doppellaut vorher gehet, dessen Dehnung schon kenntlich genug ist. Man schreibt daher verlieren, ob man gleich das h in befiehlst und stiehlst beybehält, weil es aus befehlen und stehlen gebildet ist. Da ä, ö und ü keine Doppellauter, folglich auch nicht an und für sich gedehnt sind, so kann nach ihnen das h, wo es einmahl eingeführet ist, auch nicht für überflüssig gehalten werden. Man schreibt also ganz richtig, Ähre, jähnen, Mähne, Mühle, schmählen, schmählich, Mähre, Möhre, Höhle, Öhl, Röhre, Bühne, fühlen, führen, wühlen, kühl u. s. f. Indessen ist diese Regel nicht allgemein, weil man wenigstens eben so viel Wörter hat, wo der gedehnte Selbstlaut vor den flüssigen Mitlautern kein h ausweisen kann. Dergleichen sind, z. B. die Endungen -sal, -sam, -bar, die Wörter dar, klar, Krone, bequem, Blume, (wo über dieß noch die Abstammung von blühen es erfordern sollte,) gar, Gram, schal, schmal, Schnur, Flur, Spur, Hure, schonen, Schwan, Schwur, schwören, Span, Plan, Bär, hämisch, schon, sparen, stören, die Sylbe ur-, und hundert andere mehr. In andern wird der Selbstlaut verdoppelt, wie in Aal, Heer, Waare, Haar, leer, Theer, Meer, Beere u. s. f. und was die Endung betrifft, in See, Schnee, Klee u. a. m. Diese Ungleichheit ist wichtig, und beweiset nebst dem Mangel dieses h in so vielen andern gedehnten Sylben sehr deutlich, daß es in den Fällen, wo es eingeführet worden, etwas mehr als ein bloßes Zeichen der Dehnung ist, wofür es von allen Sprachlehrern gehalten wird. Merkwürdig ist dabey, daß es nur vor den vier flüssigen Mitlautern l, m, n, und r angenommen worden; denn in Fehde, welches vielleicht das einzige Wort von dem Gegentheils ist, hat es einen unläugbaren etymologischen Grund, und [867-868] erhält die Verwandtschaft mit fechten. S. die Orthographie, wo dieses umständlicher ausgeführet worden. Den Alten war dieses so genannte Dehnungs h völlig unbekannt, und man findet es bey ihnen so wenig, als es die Dänen, Schweden und andere Völker kennen. Auch die Niedersachsen wollen nichts davon wissen. Erst im 15ten Jahrhunderte kommt es, doch nur noch sehr einzeln, zum Vorscheine. In der ersten Hälfte des 16ten findet man es auch noch sehr selten; aber in der zweyten Hälfte, da man mehr auf die grammatische Richtigkeit seiner Muttersprache zu sehen anfing, ward es häufiger und nach und nach allgemein. 3. Dienen endlich auch das h den härtern Laut einiger Buchstaben und besonders des c, wenn es wie ein k lauten sollte, des p, und t zu mildern, oder vielmehr mit denselben gewisse Laute auszudrucken, für welche wir keine eigene einfache Zeichen haben, S. Ch, Ph und Th. Von dem h, welches in einigen wenigen Fällen dem r beygefüget wird. S. R. [867-868]
I
I, [1347-1348] der neunte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher seit den ältesten Zeiten das sonderbare Schicksal gehabt hat, daß er das Zeichen zweyer sehr von einander verschiedener Laute seyn müssen, wovon der eine ein Vocal, der andere aber ein Consonant, oder vielmehr ein Mittellaut zwischen einem Vocale und einem Consonanten ist. Wir handeln hier nur von dem I, so fern es das Zeichen eines Vocales ist, und trennen es von dem so genannten Iod, ungeachtet man die mit beyden anfangenden Wörter bisher unter einander zu werfen gewohnt gewesen. Der Vocal i ist der mittelste unter den Vocalen, so wohl der Stelle, als auch der Öffnung des Mundes nach. Er klinget breiter, als das verwandte, aber ründere ü, und ist nebst dem e und ei das natürliche Zeichen der Kleinheit, so wie o und a, zuweilen auch das u die Größe ausdrucken; daher schon Plato sagte, daß man ihn – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – gebrauche. Groß, ehedem stor, klein, fein, Thor, Thür, Hut, Hütchen, Stock, Stecken, Sticken, Made, Motte, Miethe u. s. f. Es ist der Aussprache nach bald gedehnt, bald geschärft. Geschärft ist es in hin, in, wirken, sinnen, Bild, still und tausend andern; gedehnt in mir, dir, wir, in der ersten Sylbe von Lilie, in der dritten von Petersilie, und in den fremden Wörtern. Debit, Profit, Titel, Rubrik, Bibel, Biber u. s. f. In ihm, ihn, ihr, ihnen, nimmt es zum Zeichen seiner Dehnung das h an. Am gewöhnlichsten druckt man das gedehnte i im Deutschen durch ie aus; Knie, hier, befiehlst oder befiehlt, die, wie, siehe, Kieser, Thier, fliehen, ziehen, Liebe, vier, sieben u. s. f. In einigen wenigen Fällen wird dieses ie gemeiniglich geschärft ausgesprochen; wohin vierzehn, vierzig, Viertel, dieß und nach einigen auch Schmied, des Schmieds, dem Schmied gehören, welches andere aber lieber Schmid schreiben. Gib, du gibst, ging, hing, fing, werden am richtigsten ohne e geschrieben, weil die Hochdeutsche Mundart hier durchgängig ein geschärftes i hören lässet. Wenn auf dieses ie in der Verlängerung des Wortes noch ein e folgen sollte, so lässet man das eine auch wohl weg. Von dem einsylbigen Knie lautet der Plural zweysylbig die Knie, für Kniee, und das Zeitwort auch zweysylbig knien, ich knie, du kniest, für knieen, knieest. So auch Poesien, Melodien, sie schrien, es schrie u. s. f. Der große Haufe pflegt hier gern ein g einzuschieben; sie schriegen für schrien, es hat geschniegen für geschnien oder geschneyet, gespiegen für gespien. Viele Sprachlehrer geben dieses ie für einen Doppellaut aus, welcher Nahme demselben doch so wenig zukommt, als dem aa, ee, ah, oh und andern ähnlichen, wo zwar das Zeichen doppelt und zusammen gesetzt, der Laut selbst aber einfach ist. Wahr ist es, daß es grobe Mundarten gibt, welche in diesem gedehnten ie, beyde Vocale deutlich hören lassen, Li-ebe, Di-eb, Wi-en; aber wie gehöret das hierher? Eben diese Mundarten sprechen auch wi-er, di-er, mi-er Li-echt, für wir, dir, mir, Licht, ja sogar Mu-et-ter für Mutter, Vo-a-ter für Vater; sind denn darum das i in mir, dir und wir, das a in Mutter, und das a in Vater, Doppellaute, weil es Mundarten gibt, welche hier statt des einfachen Vocals einen Doppellaut hören lassen? Indessen kann es seyn, daß diese pro- vinzielle Aussprache, welche auch in andern Sprachen Statt findet, Anlaß gegeben hat, das gedehnte i durch ie auszudrucken, weil man es im Deutschen schon sehr frühe findet, und zwar weit eher, als man daran dachte, die gedehnten Vocale in der Schreibart von den geschärften zu unterscheiden. Schon Kero hat einige Mahl die, ob man gleich dafür bey ihm dia, diu findet. Das e schlich ehedem auch andern Selbstlautern nach, nicht als ein Zeichen ihrer Dehnung, sondern weil man in der Aussprache statt Eines, zwey Selbstlaute hören ließ. Die Aussprache änderte sich mit der Zeit, aber die Schreibart blieb, und so ward das e in dem Hochdeutschen ie, in dem Holländ. ae und oe ein bloßes Zeichen eines gedehnten i, a und o. Man schreibt im Französ. Caen, im Holländ. Naerden, im Nieders. Soest, und spricht Caan, Naarden, Soost. Dieses ie, besonders in dem bereits angezeigten Falle, wenn i-e, aus ie-e zusammen gezogen worden, ausgenommen, stehet der Vocal i im Hochdeutschen nur von einem Consonanten; denn die Doppellauter ia, io, iu, sind nur in harten und rauhen Mundarten anzutreffen. In allen übrigen Fällen, wo das i vor einem Vocale stehet, da schmilzet es mit demselben zusammen und gehet in dem Zwischenlaut Jod über; Jahr, jeder, jetzt, nicht I-ahr, ieder, itzt, wie wohl einige schreiben und auch sprechen. Nur die fremden Wörter machen hier eine Ausnahme, wo ie oft zweysylbig ist; Histori-e, Asi-en, Ari-e, Chri-e, Schlesi-en, Lili-e, Petersili-e, ungeachtet es im gemeinen Leben auch hier in das Jod übergehet, Lilje, Petersilje, Schlesjen, Asjen. Es ist die Frage, ob man die fremden Wörter, in welchen ein gedehntes i vorkommt auch nach der Art der ursprünglich Deutschen Wörter mit einem ie schreiben müsse. In solchen Wörtern, welche man mit dem Bürgerrechte begabet, und ihnen auch am Ende ein Deutsches Ansehen gibt, scheinet es sehr billig zu seyn, sie auch in den übrigen Fällen den Regeln der Deutschen Schreibart zu unterwerfen; Mienen, Anieß, Paradies, Bieber, Biebel, Fibel, Fiedel u. s. f. Indessen schreibt jedermand, Bibel, Fibel, Biber, und viele ziehen auch Aniß, Mine, Paradis u. s. f. vor. Dieß gilt auch von der Endung der Zeitwörter ieren, welche von den meisten lieber iren geschrieben wird. S. -Iren. Das ie findet sich, wie schon gedacht worden, anstatt des gedehnten i in den ältesten Zeiten, vermuthlich auf Veranlassung der gemeinen Oberdeutschen Mundarten, welche dem i so gern ein e nachklingen lassen. Allein eben so oft findet man auch dafür ein y, ja nur ein bloßes i. Man thue einen Blick in die Schriften der mittlern Zeiten, so wird man sich davon überzeugen können. In der Ableitung und Beugung der Wörter gehet das i fast in alle übrige Vocale über. Bitten, bath, gebethen; besinnen, besann, besonnen; riechen, roch, Geruch; beginnen, begann, begunte, begonnen; binden, band, gebunden; fließen, floß, geflossen u. s. f. In einigen rauhern, besonders Oberdeutschen Mundarten, ist es sehr gewöhnlich, statt des gedehnten i oder ie und ii ein breites eu hören zu lassen. Zeuhen, er überzeuhet, Bluntschli ein Zürcher, für ziehen, überziehet; fleußen, fleuhen, leugen, treugen, für fließen, fliehen, lügen, trügen. Einige [1349-1350] Sprachlehrer des vorigen Jahrhundertes, welche das Edle der Schreibart in der Fülle des Mundes und in den aufgeblasenen Backen suchten, bemüheten sich dieses eu in der zweyten und dritten Person der einfachen Zahl der gegenwärtigen Zeit einzuführen, und sie fanden bald Nachahmer. Es freuet mich, Schottel, verleuret, treugt, verscheubt, Opitz, scheußt, geußt, Flemming u. s. f. für frieret, verlieret, trügt, verschiebt, schießt, gießt. Der Übelklang ist, wenigstens in einigen, sehr merklich; dennoch schärfte Gottsched diese Form als männlicher und edler von neuen ein, und sie kommt auch, um der Einsylbigkeit und der größern Fülle des Mundes willen, noch bey den Dichtern vor. [1349-1350]
J
J, [1405-1406] welches wenn es das Zeichen eines Mitlautes ist, Jod genannt wird, ist, wenn man den vorigen Selbstlaut I besonders zählet, der zehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes. Man unterscheidet ihn in der kleinern Schrift von dem vorigen durch den nach unten zu verlängerten Strich j, in der größern aber ist zwischen ihm und dem vorigen Selbstlaute noch kein Unterschied eingeführet, obgleich solches sehr leicht seyn würde. Man hat daher hier einen Versuch gemacht, den Consonanten J von dem Vocal I zu unterscheiden. Vermuthlich ist dieser Unterschied darum unterlassen worden, weil man glaubte, das Jod sey durch seinen Stand hinlänglich von dem I unterschieden, weil es zu Anfange eines Wortes alle Mahl einen Vocal, der Selbstlaut J aber alle Mahl einen Consonanten nach sich hat. Um diesen Unterschied durch nichts zu unterbrechen, pflegt man auch das selbstlautende lange I zu Anfange eines Wortes niemahls ie zu schreiben, weil es sonst ie lauten würde; Isopp, nicht Iesopp. In ihm, ihn, ihr, ihnen ist statt des ie ein ih angenommen worden. Hieraus erhellet zugleich, daß diejenigen Unrecht haben, welche je, jeder, jener, jemahls, jemand, jetzt u. s. f. ie, ieder, iener, iemahls, iemand, itzt schreiben, und ih, ihder, ihner, ihmahls, ihmand, itzt, sprechen; eine Sprechart, welche den Oberdeutschen eigen ist, aber in Obersachsen wirklich nicht so häufig angetroffen wird, als uns manche Sprachlehrer bereden wollen, Herr Rector Heinz hält diese Sprechart für die richtige, und glaubt, das i stamme von der unrichtigen Schreibart der Mönche her. Aber ist es wohl wahrscheinlich, daß ein Paar Mönche im Stande seyn sollten, die herrschende Aussprache einer ganzen großen Nation zu bestimmen? Die schmelzendere Aussprache mit dem Jod stammet in diesen andern Fällen zunächst aus Niedersachsen her, und ist im Hochdeutschen allgemein. Im Oberdeutschen hat das ie und i den Vorzug. Was die Aussprache dieses Buchstabens betrifft, so ist er der weichste unter den Gaumenbuchstaben, welcher entstehet, wenn sich die Zunge hinten an den Gaumen leget; ein Laut, welcher ganz natürlich entstehet, wenn der Selbstlaut i mit einem andern Selbstlaute zusammen schmelzet; daher Lilie, Petersilie, Linie, Pinie u. s. f. im geschwinden Sprechen häufig Lilje, Petersilje, Linje, Pinje lauten. Die Franzosen sprechen das Jod wie sch, die Engländer aber wie dsch aus. Journal, Schurnal, James, Dschemes. Die Niedersächsische Mundart, welche unter allen die weichste und zärtlichste ist, macht von diesem Laute einen vorzüglich starken Gebrauch. Besonders schiebt sie ihn dem h und den stärkern Gaumenlaute g und ch unter. Glöjen, glühen, bröjen, brühen, jähnen, Jäscht, jälfern, jappen, jegen, Jegene, Jicht, jähren, für gähnen, Gäscht, gälfern, gaffen, gegen, Gegend, gähren; dagegen sie gunnen für jener, und gunstet für jenseit spricht und schreibt. Viele Niedersachsen bringen diesen weichen Laut mit i in das Hochdeutsche, und daher rühret es auch, daß Herr Heynatz, ein Märker, jähnen, jäschen und Jäscht, geschrieben haben will, welches wider die reine Hochdeutsche Aussprache streitet. Jähe ist zweifelhaft, oder vielmehr, es ist gleichgültig, ob man gähe oder jähe schreibet, weil beydes gleich üblich ist, obgleich das erstere den Vorzug zu verdienen scheinet. Die Hochdeutschen Abstracta auf e und ey, endigen sich in Niedersachsen gern auf ije und je; Gachelije, Gaukeley, Horije, Hurerey, Koopfaardije, Kauffahrdey, Kibbelije, Kampeley, Häpje, Hoffnung, gleichsam Hoffe. So wie auch einige Diminutiva statt des Hochdeutschen chen daselbst auf ie gemacht werden. Götje, Grottfriedchen, Greetje, Gretchen, Klütjes, Klößchen, Grapjes, Grillen, Holtjes, Holzäpfel; obgleich das -ken in andern Fällen üblicher ist. eben so häufig wird es den Selbstlautern zu Anfang einer Sylbe müßig vorgesetzt. Hötjer, Hüter, Hutmacher, jik, euch, jummer, immer, ju, ji, ihr, Jidder, Euter. Das letztere ist mehrern so wohl ältern als neuern mitternächtigen Sprachen und Mundarten eigen. Jup stehet bey dem Ulphilas für up, auf, für aeta, essen, sagen die Schweden jaeta, für efa, zweifeln, jefa, für Earl Jarl u. s. f. Auch die Hoch- und Oberdeutsche Mundart ist nicht frey davon; denn in Jahr, Joch, jung, je u. a. m. ist das j ein bloßer müßiger Vorsatz, so wie es in vielen andern in die härtern Gaumenlaute g, ch und k übergegangen ist. S. diese Buchstaben.
K
K, [1457-1458] der elfste Buchstab des Deutschen Alphabetes, wenn man, wie billig, i und j für zwey Buchstaben zählet, welcher ein harter Gaumenlaut ist, und entstehet, wenn der hintere Theil der Zunge stark an den Gaumen angedrücket wird. Er hat einen doppelten Laut. Seinen eigenthümlichen harten Laut behält er zu Anfange eines Worte vor einem Vocale und in der Mitte eines Wortes nach einer kurzen Sylbe, kommen, können, kaum, stark, welk, Bank, Sack; etwas gelinder lautet er vor den flüssigen Buchstaben und nach einem langen Selbstlaute, klein, kneten, Haken. Nach einem kurzen Selbstlaute wird er daher auch, wenn kein anderer Mitlaut vorher gehet, verdoppelt, in welchem Falle aber das c die Stelle des ersten k vertritt, S. Ck im C. Von der Geschichte und dem Gebrauche dieses Buchstabes ist das nöthigste schon bey dem C angemerket worden. Hier ist nur noch anzuführen, daß in fremden, besonders Französischen Wörtern, das c und qu im Deutschen oft durch ein k ausgedruckt werden; Calamank, vom Französ. Calamanque, im mittlern Lat. Calamancus, Karthaune von Quartana, Caduk, oder vielmehr Caduck, wenn das u kurz ausgesprochen wird, von dem Lat. Caducus, Casakin, vom Französ. Casaquin, Kai, von Quai u. s. f. Zu Anfange des Wortes ist es nicht alle Mahl ein Stammbuchstab, sondern so wie alle Hauch- und Gaumenlaute, oft ein müßiger Vorschlag hauchender Mundarten. Oft ist es auch aus der Vorsylbe Ge entstanden. Beyspiele werden im folgenden häufig vorkommen, besonders wo das k vor einem Mitlauter stehet.
L
L, [1853-1854] der zwölfte Buchstab des Deutschen Alphabetes, welcher der zweyte unter den Zungenbuchstaben ist, und entstehet, wenn unter der Ausstoßung des Hauches der vordere Theil der Zunge an die obere Reihe Zähne geleget wird. Er ist zugleich der erste unter den so genannten flüssigen Buchstaben, welche von andern Halblaute genannt werden. Daß er als ein solcher, wenn er am Ende einer Sylbe stehet, und folglich einen gedehnten Selbstlaut vor sich hat, oft noch ein h annimmt, ist schon bey diesem Buchstaben bemerket worden. S. H 2. L und r, zwey sehr nahe verwandte Buchstaben, werden in allen Sprachen sehr häufig mit einander verwechselt; eine Anmerkung, welche bey der Ableitung der Wörter nicht aus den Augen gesetzet werden darf. So sagen die Franzosen für Ulmus, Orme, die Italiäner, Franzosen und Deutsche für Peregrinus, Pelegrino, Pelerin, Pilgrim, die mittlern Lateiner für Herberge, Alberga, die Deutschen für Prunum, Pflaume, die Schweizer für Kirche, Kilche u. s. f. Ja selbst im Hochdeutschen werden von einigen Balbier und Barbier, Brocken und Blocksberg, Schrittschuhe und Schlittschuhe, Masern und Maseln u. s. f. fast ohne Unterschied gebraucht. S. auch die Endsylben -el, und -er, welche sehr häufig für einander gesetzt werden. Es gibt Personen, ja ganze Völkerschaften, welchen das r auszusprechen unmöglich ist, und diese pflegen alsdann gern ein l an dessen Statt hören zu lassen. S. Lallen. Da dieser Buchstab seiner Natur nach sehr leicht auszusprechen ist, so schleicht er sich besonders im Niedersächsischen sehr häufig in manche Wörter ein, ohne daß man einen andern Grund angeben kann, als etwa die Annehmlichkeit der Aussprache. Man sagt daselbst Sadeltied, und zusammen gezogen Saeltied für Sadetied, Saatzeit, Sieldöre, für Sieddöre, Seitenthüre, Schadeltieb, Schaeltied, für Schadetied, Leichzeit u. s. f.
M
[i] , der ds, welcher der dritte unter den Lippenbuchstaben ist, und entstehet, wenn bey einer gelinden Ausstoßung des Hauches die Lippen geschlossen werden. Wegen dieses leichten und sehr einfachen Lautes ist er auch einer von den so genannten flüssigen, welche bey den Lateinern auch Halb-Vocale genannt wurden. Als ein solcher nimmt er auch, wenn er einen gedehnten Vocal vor sich hat, oft ein h an, lahm, zahm, nehmen, wie schon bey dem Buchstaben H mit mehrerm bemerket worden. Viele Wortforscher schließen das m von der Reihe der Stammbuchstaben aus. Unter gehörigen Einschränkungen haben sie nicht Unrecht; denn der eigenthümliche Laut, welchen das m ausdruckt, ist in der Natur nicht allemahl so bestimmt vorhanden, daß ihn nicht auch die andern Lippenbuchstaben fast eben so genau sollten ausdrucken können. Daher kommen denn auch so wohl in der Deutschen als in andern Sprachen so häufige Verwechselungen der Lippenbuchstaben. Schlaff, Iahm, Schlamm, Schleim, ingleichen greifen, krapfen, Krampe, krumm, sind genau mit einander verwandt, so wie Griebe und Krume. Der Wachholder heißt im Nieders. Machandel. Für das alte Mangon ist jetzt Wange üblich, und Dampf, Duft, vielleicht auch taub und dumm, stampfen und stapfen, schlappen und schlampen stammen aus Einer Quelle her, hundert anderer zu geschweigen. Um deßwillen wird es auch andern Lippenbuchstaben gern müßig vorgesetzet. Unser Hufe lautet im Schwedischen Hump, und für Hobarius findet man im mittlern Lat. auch Hombarius; so wie manche Mundarten dem m gern ein b oder p nachschleichen lassen, oder vielmehr das letzte von mm in b oder p verwandeln, wie Lamb für Lamm, krump für krumm, krümpen für krümmen. Man darf sich daher bey Aufsuchung des Stammes nicht so ängstlich an diesen Buchstaben binden, daß man ihm nicht, wo es nöthig ist, einen jeden andern Lippenbuchstaben sollte unterschieben können. [1-2] So würde man z. B. fehl gehen, wenn man bey Aufsuchung des Stammes des Wortes hemmen ängstlich an dem m kleben bleiben und es zu Himmel, Humpe oder andern ähnlichen Wörtern rechnen wollte; indem die wahre Abstammung in dem Worte heften oder haben zu suchen ist, so wie Humpe und Kumpf auf Kopf, Kufe u. s. f. zurück geführet werden müssen. Ich habe gesagt, daß der eigenthümliche Laut, welchen das m ausdruckt, in der Natur nicht allemahl so bestimmt vorhanden ist, daß ihn nicht auch die übrigen Lippenbuchstaben sollten ausdrucken können. Zu den Fällen, wo er es ist, gehören z. B. die Laute, welche durch die Wörter hemmen, summen, brummen, mummeln, ausgedruckt werden, welche kein anderer Lippenlaut so bestimmt bezeichnet, daher in denselben das m allerdings ein Stammbuchstab ist. [1-2]
N
, [353-354] der vierzehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der dritte unter den Zungenbuchstaben; indem er mit Anlegung der Zunge an den Gaumen und die Zähne und einem gelinden dabey durch die Nase gelassenen Laute ausgesprochen wird. Wegen dieses letztern Lautes, welcher vor den Hauch und Gaumenbuchstaben sehr merklich ist, wird er auch der Nasenlaut genannt. Als ein für die Aussprache sehr leichter und einfacher Laut, welcher nach allen und vor den meisten andern Mitlauten ohne Mühe ausgesprochen werden kann, ist er auch einer von den flüssigen Mitlauten oder so genannten Halb-Vocalen oder Halblauten, unter welchen er die dritte Stelle einnimmt. Das n wird mit einem durch die Nase gelassenen Hauch ausgesprochen, doch in einer Sprache, in einer Mundart mehr als in der andern, selbst im Deutschen vor einigen Mitlautern mehr als vor andern. In der Hochdeutschen Mundart ist dieser Nasenlaut gewöhnlich nicht stärker, als er zur vernehmlichen Hervorbringung des n unentbehrlich ist. Nur vor den härtern Gaumenlauten g und k, wenn es mit denselben in einer und eben derselben Sylbe stehet, ist dieser Nasenlaut überaus merklich, denn da wird es dunkel, und fast so ausgesprochen, wie das Französische n nach einem Selbstlaute, in en, on, un; langen, krank, jung, Menge, singen, winken. Ich sage, in einer und eben derselben Sylbe, und verstehe das Wort Sylbe etymologisch, nicht aber orthographisch. Denn ob man gleich theilet win-ken, Län-ge, Gedan-ken, so gehören doch nach der Abstammung alle diese Gaumenlaute zur Stammsylbe, und nach der Abstammung müßte man theilen, wink-en, Läng-e, Gedank-en. Wenn hingegen in Zusammensetzungen das n vor einem Gaumenlaute zu stehen kommt, so behält es seine gewöhnliche Aussprache. Angenehm, eingehen, Unkraut, hinkriechen. Vor den weichern Gaumenlauten ch und i ist dieser Nasenlaut unmerklicher, denn da schmilzt er mit denselben am Gaumen gleichsam zusammen; manch, tünchen, so wie in den gemeinen Sprecharten auch vor dem i, Linie, Pinie, gleichsam, Linie, Pinie. Zusammensetzungen machen auch hier eine Ausnahme, Unchrist, Scheinschrift, Sonnenjahr. Das n liebt diese harten Gaumenlaute g und k so sehr, daß es sich ihnen in tausend Wörtern unberufen aufdringt, oder vielmehr manche Mundarten und Sprachen können das g und k nicht aussprechen, ohne ein n vor ihnen her schleichen zu lassen. Vermuthlich war diese nieselnde Aussprache ehedem ganzen Völkerschaften eigen; sie ist es auch jetzt zum Theil noch. Allein bey der unzähligen Vermischung der Völkerschaften von den frühesten Zeiten an, sind auch die Mundarten und Sprachen vermischt worden, und daher kommt es vermuthlich, daß die Abkömmlinge eines und eben desselben Stammwortes einer und derselben Sprache bald ein n vor diesen Gaumenlauten haben, bald aber auch nicht. Für das frago, (brechen) tago, (Nieders. ticken) pago (fügen) u. s. f. sagten die neuern Lateiner frango, tango, pango, behielten aber doch fregi, fractum, tetigi, tactum, pepigi u. s. f. bey. So auch fingere, figura, fictus, figmentum; stringere, strictus u. s. f. Für das Griech. und Lat. Lynx haben wir Luchs, die Dänen Los, die Schweden Lo; für danken, Schwed. danka sagen die Isländer nur tacka; aus – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – haben wir Dünkel gemacht; für – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – . Altdeutsch michel, sagten die Römer magnus, und eben daher haben wir unser manch, Menge; Bank, Bängel gehören zu Bakel, Baculus. Regere, richten, Reich und Regnum, sind eben so nahe verwandt, wie frech und frank; gehen, gegangen und Gang; fahen, fingen, Fang, Finger; blicken und blinken; dünken und däuchten; hoch, das alte hahen und hängen; Stange, Stecken und das Nieders. Stake; zwingen, zwangen und zwacken; genug und genung; bringen, gebracht, und unzählige andere mehr. Besonders gilt dieses von unsern Ableitungssylben ig und ing oder ung, welche alle drey nur eine und eben dieselbe sind. Für König sagen die gröbern Mundarten Koning und Konung, für Honig, Honing, für Pfennig, Pfenning. In der Schweiz lautet die Endsylbe -ingen vieler eigenthümlicher Nahmen -ikon, Pfeffingen, Pfeffikon. Auf eben diese Art gehet die Latein. Endung -icus, in benignus, malignus, abiegnus u. s. f. über. Für die Etymologie ist diese Anmerkung überaus wichtig, weil man auf sehr falsche Ableitungen gerathen würde, wenn man dieses n vor den Gaumenlauten nicht in den nöthigen Fällen absondern und zusetzen wollte. Hätten Frisch und Haltaus diese Regel vor Augen gehabt, so würden sie Hunger nicht von Hund und Gier abgeleitet, und es nicht durch hündische Begier erkläret haben. Sie würden alsdann gefunden haben, daß das ng nichts weiter ist, als das durch die Nase gesprochene g, und daß Hunger von dem alten Zug, Gemüth, Neigung, hägen u. s. f. abstamme, zumahl da es in andern Sprachen noch für Begierde gebraucht wird. So sehr das n die beyden harten Gaumenlaute liebt, so sehr liebt es auch die Zungenbuchstaben d und t. Wir haben unzählige Wörter, in welchen entweder das n, oder das t nicht zum Stamme gehöret, sondern bloß durch eine weichere Aussprache eingeschoben worden; eine Anmerkung, welche der Etymologe eben so sehr vor Augen haben muß, als die vorige. In nackend für nacket, Barchent für Barchet, Tugend für das alte Taugde, Jugend für das Nieders. Jögd, und andern hat sich das n eingedrungen, so wie sich in lebendig, morgend, wesentlich, ordentlich und andern ein d oder t angehänget hat. Schade und Schande, Schindel und scheiden, Spindel, spinnen, und das alte spahen, wandeln und vadere, Gewand und das alte und noch Nieders. Watt, und tausend andere gehören zu einerley Stamme, so wie im Lat. laetus und blandus, scindo, scidi und scheiden, findere und fidi u. s. f. Für Mantel, Schwed. Mantel, sagen die Isländer nur Mattul, für Hand, Handa, Art, Geschlecht, nur Hatt, für Land und Lad u. s. f. Dieß findet auch von dem mit dem t so nahe verwandtes s Statt. Glas, Glanz, glänzen, ehedem nur glesten, sind Eines Geschlechtes, so wie Insel und das Ital. Isola, Franz. Isle, Kranz und Kreis, Linse und das in den gemeinen Sprecharten übliche Lieschen, Gans, Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , und das Niedersächsische Goos, anderer zu geschweigen. So leicht nun die Aussprache des n vor den jetzt gedachten Mitlautern ist, so schwer ist sie vor den Lippenbuchstaben, selbst in zwey ganz verschiedenen Stellen. Die Lateiner und Griechen verwandelten es daher in den Lippenlaut m, wenn es vor einem andern Lippenlaute stehen sollte, besonders in den Vorwörtern con, in, – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – und – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – comburere, committere, impar, imprimis u. s. f. Die Deutschen haben den Übelklang gleichfalls empfunden, und das n in vielen solchen Fällen in ein m verwandelt; empor, empfahen, empfangen, empfehlen, empfinden, Amboß, [355-356] (Incus,) Imbiß, immaßen, immittelst, impfen, Glimpf, von linde, Strumpf, Rumpf, Wimpel, Naumburg für Neuenburg, Schimpf, rümpfen, Sumpf u. a. m. wo das n die Stelle des n in dem Stammworte vertritt. Indessen sind doch noch Wörter genug übrig, wo das n dem Wohlklange zum Trotze geblieben ist, dergleichen sind zum Beispiele, Vernunft, Kunst, in welchen beyden es sogar aus dem m der Stammwörter vernehmen und kommen entstanden ist, Ranft von Rand oder Rahm, Hanf, wofür die Schweden Hempe, die Engländer und Niedersachsen aber Hemp sagen, Senf, Zunft, sanft, fünfe, u. s. f. Daß das n in diesen Wörtern hart klinget, merken sogar die gemeinen Mundarten, welche daher gemeiniglich fümfe, Semf, samft, Vernunft u. s. f. sprechen, selbst in solchen Fällen, wo zwischen beyden noch ein Gaumenlaut stehet. So spricht der große Haufe für Ingber nur Imber, für Jungfer Jumfer. Aber es gibt auch noch andere Fälle, wo das n mit dem m abwechselt, ob sie gleich zu verschiedenen Sprachwerkzeugen gehören. Für Mispel sagt man in vielen Gegenden nur Nispel, Nespel, im mittlern Lat. Nespila, wo auch Nertus für Myrtus gefunden wird; für das Hochdeutsche Mucke sagen die Niederdeutschen Mücke, u. s. f. Weit mehrere Wörter, selbst im Deutschen, sind vorhanden, wo das Anfangs N nicht zum Stamme gehöret, sondern entweder ein bloßer müßiger Vorschlag ist, der sich wegen der leichten Aussprache dieses Lautes unvermerkt aufgedrungen hat, aber auch, wie andre wollen, ein Überbleibsel des alten Artikels an, ein, ist siehe Ein. So sagt man in verschiedenen Provinzen in einerley Bedeutung Nößel und Ößel, Natter und Atter, Narb, eine Krampe, und Arb, Nura, im Oberdeutschen für Hefen, und Ura, Nast und Ast, Nassel und Assel, Nasch, ein Gefäß, und Asch. Ja es scheinet, daß auch unser nutzen und uti, nehmen und emere, auf diese Art verwandt sind, so wie – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – und Nomen unläugbar zu einander gehören. Viele alte Sprachen verstärkten das noch durch einen freundschaftlichen Hauch- und Gaumenlaut. Für Nacken sagten die Angelsachsen Hnecca, für Napf Hnaeppe, für neigen hnigan. Unserer Sprache fehlet es daran gleichfalls nicht. Genick, Knicks, Knie und Knöchel stammen mit Nacken von neigen her; genau von dem alten nau; knapp, knapper, kneipen, von dem noch in den gemeinen Mundarten üblichen noppen, Schwed. nappa; Knoten von Nodus; Knast von Nast und Ast u. s. f. In andern Wörtern nimmt es dafür den Zischlaut an, wie in Schnabel, von Nabel, Engl. Nave, Schnur, von Nurus, Schnee, von dem noch bey den Jägern üblichen Neu, Nix, Schnaue, von Nache, Navis, Schnecke, Franz. Nacre, vermuthlich auch daher u. s. f. In der Beugung und Ableitung der Wörter hat dieser Buchstab einen vielfachen Nutzen, welchen ich hier, um nicht weitläufig zu werden, übergehen muß. Er ist gewiß kein leerer, oder aus bloßer Willkühr gewählter Schall, ob wir gleich in der großen Entfernung, worin wir uns von den ersten Erfindern der Sprache befinden, seine eigentliche Bedeutung nicht mehr genau bestimmen können. Etwas davon ist bey dem Artikel -Ern und -En bemerket worden. Es ist jetzt so wohl im Deutschen als Lateinischen sehr gewöhnlich, daß man an die Stelle eines eigenthümlichen Nahmens, wenn man denselben entweder nicht weiß, oder ihn mit Fleiß nicht nennen will, ein N. N. setzet. Nach dem Du Fresne ist dieses Zeichen ungefähr im eilften Jahrhundert üblich geworden, und zwar aus dem abgekürzten Ille oder Illa, welches man Ill mit einem Querstriche durch die beyden ll zu schreiben pflegte, welche Abkürzung man nachmahls aus Unwissenheit für N. N. gehalten. Jenes, [355-356] nähmlich aus dem Ill. kommt in Marculphs Formeln und andern Schriften vor dem eilften Jahrhunderte häufig vor. [355-356]
O
, [551-552] der funfzehente Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der vierte unter den Selbstlautern, welcher mit einer runden Öffnung des Mundes ausgesprochen wird. Es hat im Hochdeutschen nur einen einzigen Laut, welcher aber bald gedehnt ist, wie in Tod, roth, schon, bald geschärft, wie in Post, Sonne, Stock. In den Mundarten aber gehet es fast in alle andere Selbstlaute, das i ausgenommen, und oft in die widrigsten Doppellaute über. Saun für Sohn, Pust für Post, grauß, groaß, gruß, für groß u. s. f. So wie in eben diesen Mundarten andere Selbstlaute in diesen übergehen. Die Doppellaute oi und ou finden sich, außer einigen eigenthümlichen Nahmen, nur noch in den gemeinen gröbern Mundarten. Für auch spricht der Schweizer ouch, für Eimer, Oimer, und statt Voigt schreibt und spricht man im Hochdeutschen beständig Vogt. Ehedem druckte man das gedehnte o oft durch ein angehängtes e aus, welche Schreibart sich noch in einigen eigenthümlichen Nahmen erhalten hat. So schreibt man Soest und Coesfeld, und spricht Soost und Coosfeld. In den neuern Zeiten fing man an, in einigen Wörtern das gedehnte o mit einem oo zu schreiben, und dieses Zeichen des gedehnten Selbstlautes gar für einen Doppellaut auszugeben, welches es doch auf keine Weise seyn kann, ( S. Aa.) So wollte Gottsched Boot, und Room (besser Rahm, denn Room ist Niederdeutsch) zum Unterschiede von der Stadt Rom, geschrieben wissen. Allein die Verdoppelung der Selbstlauter ist unter allen möglichen das unschicklichste Zeichen der Dehnung, und die seltsame Neuerung, verschiedene gleichlautende Wörter auch durch die Schreibart zu unterscheiden, hat zu wenig Beyfall gefunden, als daß man noch Rücksicht darauf nehmen könnte, zumahl da sie sich unter hundert Fällen kaum in Einem anwenden lässet. Von dem h, so fern es gleichfalls das Zeichen eines gedehnten o ist, S. H. Ein sehr nahe mit o verwandter Selbstlaut ist das ö, welches eben so wohl bald gedehnt bald geschärft ist, und daher von den meisten Sprachlehrern irrig für einen Doppellaut gehalten worden, da es doch vielmehr ein eigener Selbstlaut ist, welchen man nur aus Armuth an Schriftzeichen durch ein oe, o, oder ö ausdruckt, ( S. Ä.) In der Ableitung und Beugung der Wörter pflegt das o gern in diesen Selbstlaut überzugehen. Groß, größer, Größe; Tod, tödten, tödtlich; Ochs, Öchschen; Wort, wörtlich, Wörter; roth, Röthel, röthlich, röthen, u. s. f. Regeln lassen sich davon nicht geben, sondern der Gebrauch entscheidet hier alles. Das o druckt vermöge seiner Natur etwas Großes, Hohes, Erhabenes, Weites aus, und ist der natürliche Ausdruck der staunenden Verwunderung. ( S. den folgenden Empfindung statt.) Man findet es daher gemeiniglich in denjenigen Wörtern, welche diese Eigenschaft bezeichnen; groß, grob, hoch, Ochs, empor, ori, u. s. f. obgleich durch die Länge der Zeit, durch die natürlich Unbeständigkeit der Menschen, und durch das Eigenthümliche der Mundarten, dieses ursprüngliche o in vielen Wörtern in andere verwandte Selbstlauter übergegangen ist. Indessen haben wir doch noch Wörter, wo die verschiedenen Vocale zugleich die Verschiedenheit der Größe ausdrucken. Stock, Stecken und die Nieders. Stake und Sticken sind alle in der Größe verschieden, wie Kloß und Klößchen, das Schwed. Not, ein großes Netz, und Nätt, ein kleines Netz, und andere mehr. S. I den Selbstlaut. In den nördlichen Mundarten ist das o zu Anfange der Wörter oft aus unserm un entstanden, wo es sich denn dem a privativo der Griechen nähert. Im Schwed. ist otrogen ungetreu, osmaklig unschmackhaft; abgeschmackt, Ofall Unfall, Osoid ein schädliches Thier, u. s. f. Hingegen ist es im Schwedischen auch eine intensive Partikel; omycken, sehr stumm. Im Deutschen wird es manchen Wörtern, welche sich auf ein r endigen, oft müßig angehängt; dero, ihro, nunmehro, dahero u. s. f. wo es aber die reinere Hochdeutsche Mundart, einige wenige Fälle ausgenommen, wieder weggeworfen hat. S. Dero. [551-552]
P
, [631-632] der sechzehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes, der zwölfte unter den Mitlautern, und der vierte unter den Lippenbuchstaben, welcher entstehet, wenn die fest geschlossenen Lippen mit Ausstoßung des Hauches geöffnet werden, da er denn einen härtern Laut gewähret, als das weichere verwandte b und noch gelindere w hat. Ist dieses p mit einem merklichen Blasen begleitet, so entstehet daraus das pf, davon an seinem Orte. Da die mit einerley Sprachwerkzeugen ausgesprochenen Buchstaben in allen Sprachen und Mundarten sehr leicht in einander übergehen, so widerfähret solches auch den Lippenbuchstaben. Beyspiele sind schon bey b, f, und m gegeben. Das letzte wechselt besonders gern mit dem p ab. So sagt man so wohl Mandore als Pandore, pantschen als mantschen. Im Englischen lautet der verkürzte Nahme Maria im gemeinen Leben eben so oft Mall und Moll, als Pall und Poll. Aber nicht leicht werden zwey Buchstaben häufiger mit einander verwechselt, als b und p, welches selbst in einer und eben derselben Mundart allerley Ungleichheiten verursacht. Besonders lieben die Sächsischen Mundarten das weiche b, und die Oberdeutschen Mundarten das harte p; ja unter den letztern findet man ganze Provinzen, welche kein Anfangs B haben, sondern statt dessen alle Mahl ein P hören lassen, Paum, Piern, (Birn,) pey, Pruder; so wie Ihre alle mit einem P im Schwedischen sich anfangenden Wörter für ausländisch hält, weil die ältern Schweden kein Anfangs P kannten. Ja auch im Hochdeutschen ist man oft unschlüssig, ob man bicken oder picken, Buckel oder Puckel, Budel oder Pudel, Betze oder Petze u. s. f. schreiben und sprechen soll. Ich will ihm schon ein P vorschreiben, d. i. ich will es ihm schon verbiethen oder verwehren, ist eine im Niedersächsischen sehr gewöhnliche Redensart. Man leitet sie gemeiniglich von dem Anfangsbuchstaben der Lat. prohibere oder Poena der, zumahl da man in den Gerichten gemeiniglich bey Pön zu verbiethen pflegt.
Q
, [873-874] der siebzehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes und der dreyzehente unter den Consonanten, welcher dem k in seinem Laute völlig gleich ist, nur daß er allemahl ein w nach sich hat, welches in diesem Falle aber durch ein u ausgedruckt wird. Qual, quer, Quitte, wie Kwal, kwer, Kwitte. Sonderbar ist es freylich, daß es in unserer Sprache einmahl eingeführet ist, den Laut Kw durch Qu auszudrucken, und es wäre so wohl um der Gleichförmigkeit willen, als zur Erleichterung der Abstammung zu wünschen, daß dafür kw eingeführet werden könnte, wie schon von mehrern, obgleich ohne Erfolg, versucht worden. Die Lateiner, welche in ihrem Alphabete weder ein k noch ein w hatten, druckten das kw durch qu aus, und als die Deutschen das Lateinische Alphabet annahmen, so behielten sie diesen Ausdruck bey, ungeachtet sie sehr früh auch das k aus dem Griechischen entlehneten, und nach und nach auch das w, welches sie anfänglich durch ein uu ausdruckten, einführeten. Das Lateinische Q aber ist allem Ansehen ein Überbleibsel des Phönizischen und Hebräischen – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , Kuf, oder vielmehr richtiger Quf, welches schon seinen Blaselaut bey sich führete, welchen die Lateiner zum Überflusse noch besonders ausdruckten, QV und in der kleinern Schrift qu; da sie gar füglich auch qe, qia, qot hätten schreiben und dennoch kwe, kwia, kwot sprechen können. Man hat ehedem gestritten, ob der Buchstab, welcher dem Q folget, der Selbstlaut u oder der Mitlaut v sey. Gottsched behauptete das erstere, und einige seiner Gegner das letzte. Beyde Theile hatten aber Unrecht; denn der Aussprache nach ist es ein w, obgleich die Figur theils nach dem Vorgange der ältern Lateiner, welche das v und w in der kleinern Schrift durch u ausdruckten, theils aber auch der ältern Deutschen, welche statt des w ein doppeltes u schrieben, ein u ist. So heißt die Gurgel bey dem Raban Quuerca, Schwed. Qvarka. Aus demjenigen, was sogleich von der Etymologie gesagt werden wird, wird noch deutlicher erhellen, daß das u nach dem q nichts anders ist, als der gelinde Blaselaut w. Im Deutschen findet sich das qu oder, wie ich auf einen Augenblick um der Deutlichkeit willen schreiben will kw, nur zu Anfange der Wörter, und wenn man dem Ursprunge dieser Wörter nachgehet, so wird man mehrmahls finden, daß einer von beyden Buchstaben ein müßiger oder höchstens verstäckender Vorschlag ist, ob es gleich auch Fälle gibt, wo das kw wesentlich ist, weil es zur genauen Bezeichnung des Schalles unentbehrlich ist, wie in quetschen, quietschen u. s. f. In andern hingegen muß man entweder das k oder das w wegwerfen, wenn man auf den wahren Ursprung des Wortes kommen will; theils weil manche Mundarten dem l, r und w überaus gern einen Hauch- oder Gaumenlaut vorsetzen, wie Hhludouicus, hwer, hwas, theils aber auch, weil in andern Mundarten der Gaumenlaut gern einen Blaselaut nach sich aht. Beyspiele werden sogleich folgen. So sind das Lat. quartus und unser vierte sehr genau mit einander verwandt, indem jenes bloß das k oder q vor den Balselaut gesetzt hat. So auch qualis und welcher, quis, quem, quod und wer, wem, was, Nieders. wat, ehedem hwat, quando und wenn, ehedem hwanne, und andere mehr. Das alte quick, lebendig, mit seinen Ableitungen erquicken, Quecksilber u. s. f. stammet von wegen, wecken, wackeln, und bey dem Ulphilas ist quivan leben, Lat. vivere, weben, in der alten Bedeutung. Für Qualm sagen die Holländer nur Walm, und quabbeln ist von wabbeln gebildet. Statt dieses unwesentlichen q haben andere Mundarten in manchen Wörtern ein d oder s. Für quer sagen einige Niederdeutsche dwer, Engl. thwart, Angels. thweor, und einige Hochdeutsche zwerch; qualmen heißt im Schwed. dvala, Qualm im Nieders. Dwalm, Quehle in andern Mundarten Dwehle und Zwehle. In andern hat der Gaumenlaut den Blaselaut an sich genommen. So stammet das Lat. Inquilinus von colere, Coctio und Coculum von coquere, ab, und quaerere und queri sind augenscheinlich mit unserm alten gören, köhren, verwandt. Für kommen sagte man ehedem queman, daher unser bequem. Qual heißt bey dem Notker ohne Blaser nur Chala. Rabans Quuerca, das Schwed. Qvarka, das Finnische Curcku, und Isländ. Kuerkur, ist unser Gurgel. Für das veraltete queden, sprechen, sagten die ältesten Lateiner zu Ennii und Pacuvii Zeiten cedere (sprich kedere, denn das Lat. c lautete wie ein k.) Unser Quendel ist von dem Lat. Cunila, das alte noch Niederdeutsche Quen, Engl. Queen, Schwed. Qvinna, ist mit dem Griech. -hier nichtlateinischer Text, siehe Image – verwandt, anderer zu geschweigen. Die heutigen Franzosen sprechen das qu gleichfalls nur wie ein einfaches k aus. Übrigens schrieben die alten Gothen unser heutiges qu ohne u mit einem bloßen q, und die Angelsachsen mit cv oder cu. Die heutigen Schweden, den die ältern gebrauchten dafür ein bloßes k, schreiben qv, die Isländer in vielen Fällen kv, und die Walliser chw. [873-874]
R
, [903-904] der achtzehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes und der vierzehnte unter den Consonanten, welcher mit einer zitternden Bewegung der Zungenspitze an dem Gaumen ausgesprochen wird, daher er auch zu den Zungenbuchstaben gehöret. Man rechnet ihn zugleich zu den flüssigen Mitlautern, weil er so wohl vor als hinter den meisten andern Mitlautern sehr leicht auszusprechen seyn soll. Dieses leidet indessen seine Ausnahmen. Dann da das r der schwerste Buchstab in der Sprache ist, so nimmt diese Schwierigkeit in der Aussprache noch zu, wenn ein b, p, oder w vorher gehet, obgleich das d und t nicht so viele Schwierigkeiten haben. Der Einwohner von Otaheite in der Südsee konnte das pr, br u. s. f. niemahls aussprechen lernen, ob er gleich das r, wenn es zwischen zwey Vocalen stand, sehr leicht aussprach. Die Ursache der schweren Aussprache der r liegt in der zitternden Bewegung der Zunge, welche eine mehrere Anstrengung erfordert, als die übrigen Buchstaben, daher auch die Kinder dasselbe am letzten und schwersten, und wenn die Zunge zu sehr mit dem untern Gaumen verwachsen ist, oft gar nicht aussprechen lernen. Ja es gibt ganze Rationen, in deren Sprache dieser Buchstab nicht befindlich ist, und denen daher auch die Aussprache desselben unmöglich fällt. Aber auch da, wo man ihn hat und ausspricht, veranlasset der mangelhafte Bau der Sprachwerkzeuge oder Nachlässigkeit in der Erziehung einen doppelten Fehler in der Aussprache dieses Buchstabens, nähmlich das Lallen und das Schnarren. Das erste bestehet darin, wenn man statt des r ein l hören läßt, und der zweyte, welchen man in Baiern rätschen nennet, wenn zwar das r gehöret, dasselbe aber zu tief in dem Gaumen, oder durch die Nase ausgesprochen wird. Den hauchenden Sprachen und Mundarten, zu welchen auch die Alemannische und noch zum Theil die heutige Oberdeutsche gehöret, ist es sehr gewöhnlich, diesen schon an sich schweren Buchstaben noch durch einen Hauchlaut zu verstärken; hraube, rauben, hrizzan, reißen. Andere lassen den Hauch nachschleichen, Rhein, Rhenus. Im Hochdeutschen kennet man beyde Arten nicht; denn ob man gleich in fremden Wörtern das Rh beybehält, so schreibt man doch in ursprünglich Deutschen, z. B. Reede oder Rehde lieber ein bloßes r. Der einzige Rheinstrom macht hier eine Ausnahme, obgleich sein Nahme von den veralteten reinen, fließen, abstammet, wovon rinnen und rennen Intensiva sind; indem man hier noch das h zum Andenken der Griechischen und Römischen Schriftsteller, die seinen Nahmen zuerst geschrieben haben, beybehält. Ältere Deutsche schrieben auch Hrein. Das r ahmet vermöge seiner Natur eine jede zitternde Bewegung nach, worauf es denn figürlich auch gebraucht wird, eine kreisförmige, ja eine jede heftige und plötzliche Bewegung, eine schnelle Wiederhohlung, eine Intension, heftige Gemüthsbewegung u. s. f. auszudrucken. Beyspiele sind tremere, rasch, irren, die intensive und frequentative Endung -ern, Kreis, drehen, Ira, und tausend andere. Die zitternde Bewegung der Zunge, mit welcher dieser Buchstab ausgesprochen wird, macht, daß seine Stelle in Ansehung des Vocals, von welchem er begleitet wird, nicht allemahl bestimmt genug ist, indem dieser, oft in einer und eben derselben Sprache, bald vorn bald hinten steht. Für Brunn sagt man auch Born, für brennen, bernen, Engl. to burn, daher Bernstein. Für das alte Byrn, ein Berg, findet man auch Brynn. Für pressen sagen die Niedersachsen perssen, für Rechen Harke. Harm und Gram sind vermuthlich Eines Ursprunges, so wie Dorf und Trupp, dreist und das alte dürsten, begierig seyn, drehen und tornare. Auch die Lateiner sagen acer und acris, cerno und crevi, Discrimen, burere und Pruna, germen und Gramen, Cranium, Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – u. s. f. Sehr gewöhnlich ist, nicht allein in der Deutschen, sondern fast in allen Sprachen, die Verwechselung des r mit s, und noch mehr mit dem verwandten l. Beyspiele von der ersten Art sind Beere, und das Nieders. Besing, bey dem Ulphilas Basi; verlieren, ehedem verliesen und Verlust; köhren und kiesen; Hase, Schwed. und Engl. Hare; befahren, fürchten, Schwed. fasa; frieren, ehedem friesen, Frost und Friesel; ich war, Nieders. was, gewesen, so wie die Lateiner für ero ehedem eso sagten; wer und quis; Rohr, bey dem Ulphilas Raus, Franz. Roseau; Aes und Aeris; Arena, bey den ältern Latainern Aseoa; Ara, ehedem Asa u. s. f. Von der zweyten Art, Maronke und Malonke, Pilgrim und Peregrinus, das Schweizerische Kilche für Kirche, Blocksberg und Brocksberg, Pflaume und Prunum, Herberge und das mittlere Lat. Alberga, und bey den Lateinern Furca, ehedem Fulca, anderer zu geschweigen, S. auch die Endung -El und -Er, -Eln und -Ern. Seltener ist die Verwandelung des d und t in r, ob sie gleich den Meklenburgern sehr geläufig ist. Denn dort sagt man Varer für Vater, Maurer für Mutter, Jure für Jude, Lüre für Lüde, Leute, myn Lere für mein Lebetage. [903-904]
S
, [1227-1228] der neunzehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes und der funfzehnte unter den Mitlautern, welcher durch die Zähne ausgesprochen wird, und daher auch zu den Zähnbuchstaben gehöret. Nachdem dieser Buchstab gelinde oder hart ausgesprochen wird, hat man für ihn die Figuren s oder s, ß oder ss, und z, welches letztere doch immer als ein eigener Buchstab angesehen und an das Ende des Alphabetes verwiesen wird, ungeachtet er weiter nichts, als das härteste s ist. Wenn dieses s aber mit einem vollen Zischen ausgesprochen wird, welches besonders manchen Mundarten sehr gewöhnlich ist, so schreibt man es gemeiniglich sch. Ich will das vornehmste, was bey diesem Buchstaben anzumerken ist, auf dessen Aussprache, Schreibart und etymologischen Gebrauch einschränken. 1. Was die Aussprache betrifft, so wird das s oder f theils mit einem halben oder gelinden Zischlaute, theils aber auch mit einem vollen Zischer ausgesprochen. 1) Mit einem halben oder gelinden Zischlaute, wie in rasen, dem Lat. risus, mus u. s. f. Dieses s wird entweder einfach oder gedoppelt ausgesprochen. Das letztere wird allemahl ss und in einigen Fällen mit einem ß geschrieben. Das einfache s oder s aber hat wieder einen gedoppelten Laut, einen gelinden und einen scharfen. Gelinde lautet es am Anfange einer Sylbe, wo es auch mit einem langen s geschrieben wird. Säuseln, Rose, Ameise, Lesebuch. Wohin auch die Fälle gehören, wo der darauf folgende Vocal weggeworfen worden, da denn das s an das Ende der vorher gehenden Sylbe zu stehen kommt, und alsdann oft auch s geschrieben wird; Röschen, Lieschen, Bläschen, er rast oder ras’t für raset, er bläs’t oder bläset, welche Zusammenziehungen doch lieber vermieden werden. Eine Ausnahme machen diejenigen Wörter, in welchen ein d, t, th, b, p, g, k, und ch vorher gehet, wo das s einen scharfen Laut bekommt; Krebse, krebsen, Kebse, wachsen, Gewächse, drucksen, drechseln, klappsen, des Gypses u. s. f. Daher die Endsylbe -sen oder -seln in vielen Zeitwörtern auch in das noch härtere -zen und -zeln verwandelt worden. Die Endsylbe sam behält ihr gelindes s, was für ein Mitlauter auch vorher gehen mag. Stehet es in der Mitte, so lautet es scharf. Last, Wust, Wüste. Eben so scharf lautet es auch am Ende der Sylbe oder eines Wortes, da es denn allemahl s geschrieben wird. Aus, weislich, gottlos, Beweis, Ries, Maus, Aas, Eis. Ist die Aussprache am Ende eines Wortes gelinder, so wird ein e euphonicum angehängt, diesen gelindern Laut zu bezeichnen; böse, leise, Käse, Matrose, Franzose, Ameise u. s. f. wofür härtere Oberdeutsche Mundarten bös, leis, Käs, Matros, Franzos, Ameis schreiben und sprechen. Von denjenigen Fällen, wo dieses harte s durch ein ß ausgedruckt wird, wird sogleich geredet werden. 2) Mit dem ganzen oder rauschenden Zischer, wie ein sch. Hier sind die Deutschen Mundarten gar sehr von einander unterschieden. Einige Oberdeutsche, besonders die Schwäbische, zischen jedes s an, wenn es vor einem andern Mitlauter stehet, und oft vor einem Vocal, ist, bist, hast, Wespe, wie ischt, bischt, hascht, Weschpe; dagegen die Niederdeutschen mit diesem an und für sich freylich unangenehmen Zischlaute weit sparsamer sind, das s in sp und st niemahls zischend aussprechen, und in den übrigen Fällen statt des sch entweder ein bloßes s oder ein sg hören lassen, welches letztere besonders den Westphalen und Holländern eigen ist. Die Hochdeutsche Mundart, welche das Mittel zwischen beyden hält, pflegt es folgender Gestalt zu halten. Wenn das s zu Anfange eines Wortes vor einem c, k, m, p und t stehet, so lautet es wie sch; Scorpion, Sclave, skoptisch, Smyrna, Smaragd, spaßen, spinnen, Stand, stehen, Stern; welche Aussprache auch in den Zusammensetzungen bleibt, Gestirn, beständig, Verstand. In der Mitte der Wörter und am Ende bleibt der gewöhnlichere Laut des s, gestern, Vesper, lispeln, Wispel, Maske, fest, befestigen, erste, füßeste, Ast, Gäste, Bestie. Nach einem r wird das s, besonders aber in dem st, von dem meisten Hochdeutschen in sehr vielen Wörtern wie ein sch ausgesprochen; Mars, garstig, Durst, Fürst, erst, Borste, bersten u. s. f. wie Marsch, garschtig, Durscht u. s. f. Nur hörst, warst, wirst, Vers, Börse, du fährst, und andere mehr lauten nur in den niedrigen Sprecharten wie hörscht u. s. f. Diejenigen Fälle, wo besonders zu Anfange der Wörter statt dieses gezischten f wirklich ein sch geschrieben wird, gehören nicht hierher. Übrigens wird von dem sch an seinem Orte noch etwas gesagt werden. 2. Was die Schreibart dieses Buchstabens betrifft, so herrscht darin eine nicht geringere Verschiedenheit, indem die vier Figuren s, s, ß und ss fast von einem jeden anders gebraucht werden, welche indessen doch alle darin einig sind, daß das s und s zur Bezeichnung des einfachen, das ss aber zur Bezeichnung des doppelten s gebraucht werden müsse. Das ß (Eßzet) ist der Figur nach freylich auch nichts anders, als ein doppeltes ss, weil das z, welches dessen letzte Hälfte ausmacht, ehedem sehr häufig die Stelle des s vertreten mußte. Es wurde vor diesem auch beständig mit dem ss fast ohne allen Unterschied als gleichgültig gebraucht, und erst in diesem Jahrhunderte hat man angefangen, es noch von demselben zu unterscheiden, und ihm seine eigenen Verrichtungen anzuweisen, weil die Figur einmahl da war, und man es, wie billig, für unnöthig hielt, zwey völlig gleichgültige Zeichen für einen und eben denselben Laut zu haben. Man kann wirklich einen dreyfachen, sehr merklich verschiedenen Laut in dem s unterscheiden, einen sehr gelinden, wie in Rose, blasen; sausen, Muse, Maser, einen stärkern, wie in ich las, weislich, Haus, gottlos, Buße, Muße, das Roß, (im Bienenstocke,) das Maß, mensura, und den stärksten oder das doppelte ss, wie in Roß, lassen, Schloß, müssen, die Masse. 1) Das gelinde oder sanfte s stehet allemahl zu Anfange eines Wortes und sehr oft auch in der Mitte zu Anfange einer Sylbe, und wird ohne Ausnahme durch ein langes s ausgedruckt; Salz, säumen, selig, seltsam, rasen, Blase, summsen. 2) Das scharfe s findet sich in mehrern Fällen und wird nun einmahl bald durch s, bald aber auch durch ß ausgedruckt. [1229-1230] (a) Durch s. (aa) Am Ende eines Wortes oder einer Sylbe, wenn es in dessen Verlängerung wieder in das vorige gelinde s übergehet, oder aus demselben entstanden ist; Haus; Häuser, böslich von böse, weislich von weise, Röschen von Rose, ich las, lies von lesen, Ries, Riese, Graus, grausen. Daß man aus, das, was und andere einsylbige Wörter auch nur mit einem s schreibt, ob man gleich außen, dessen und wessen schreibt und spricht, ist als eine Ausnahme anzusehen. (bb) Am Ende einer Sylbe oder eines Wortes, theils wenn noch ein anderer Mitlauter, theils aber auch, wenn ein ausgedehnter Selbstlaut vorher gehet; Dachs, Fuchs, Wachstafel, Gans, Wamms, Hals, es, des Mannes. (b) Durch ein s zu Anfange einer Sylbe nach b, p, ph, ch, g, k, d, t und th; wachsen, des Wachses, die Füchse, die Büchse. Die Endsylbe sam aber lautet allemahl gelinde, wachsam. Nach andern Mitlautern bleibt es gleichfalls gelinde; Gänse, Hälse, wammsen. (c) Durch ein ß, und zwar allemahl nach einem gedehnten Selbstlaute: der Fuß, die Füße, auf etwas fußen, füße, füßlich, groß, größer, Buße, boßeln, spaßen, Kloß, Klöße, Muße, müßig, fließen, Meißen, Preußen, Gruß, grüßen, ich saß, ich aß u. s. f. Die Fälle, wo dieses scharfe ß Statt findet, muß bloß die richtige Aussprache geben. Freylich gibt es Mundarten, z. B. die Schlesische, welche diesen gedehnten Selbstlaut beständig geschärft sprechen, und die müssen denn freylich auch, wenn sie ihrer Aussprache gemäß schreiben wollen, Füsse, grüssen, Busse u. s. f. schreiben, weil sie so sprechen. 3) Das gedoppelte s; dieses wird entweder durch ein ß oder durch ein ss ausgedruckt. (a) Durch ein ß. (aa) Am Ende eines Wortes oder einer Sylbe, wo es eine vorher gehende geschärfte Sylbe voraus setzet, und in der Verlängerung in ss übergehet; Schloß, Faß, Haß, häßlich, Flußwasser. (bb) In der Mitte einer Sylbe, wenn nach dem ss ein e weggeworfen worden, oder wenn es doch aus dem ss entstanden ist; er ißt von isset, heißt, beißt, haßt, gleißt, gewußt, ich wußte. (b) Durch ein ss, zwischen zwey Vocalen, wenn die Aussprache ein doppeltes s erfordert; lassen, hassen, fassen, Gasse, und so ferner. Dieses dreyfache, dem Laute nach verschiedene s ist in der Aussprache hinlänglich gegründet. Rose lautet doch anders, als das Roß (die Wachstafeln im Bienenstocke) und Roß, Muse, anders als Muße, und müssen, Maser anders als Maß und Masse, weise anders als weiß, Schöße anders als Geschosse u. s. f. Indessen gibt es doch Sprachlehrer, welche mit der Vertheilung der Schriftzeichen s, s, ß und ss unter diese drey Laute nicht zufrieden sind, und besonders wider den jetzt gedachten Gebrauch des ß sehr vieles einzuwenden haben. Wahr ist es freylich, daß diese Art, die vier Figuren des Lautes s zu schreiben, ihre Schwierigkeiten und Unbequemlichkeiten hat, besonders da das ß am Ende eines Wortes so wohl das scharfe, als auch das doppelte s ausdrucken muß; allein man hat doch nichts besseres an ihre Statt in Vorschlag gebracht. 3. Von dem etymologischen Gebrauche wäre sehr viel zu sagen; ich will mich aber nur auf einige Stücke einschränken. 1) Das s ist ein Sibilus, welcher in manchen Mundarten gern in das volle, gröbere sch übergehet, und vermöge seiner Natur, alle mit einer Art des Zischens verbundene Bewegungen ausdruckt, wie das Sausen und Säuseln des Windes, das Fließen des Wassers, die hastige Eile u. s. f. daher es denn auch in allen [1229-1230] den Wörtern vorkommt, welche einen solchen Begriff ausdrucken, oder doch ursprünglich und eigentlich ausgedruckt haben. Es ist eine Grundregel in der Etymologie, daß, wenn sich ein Wort mit zwey oder mehrern Mitlautern anfängt, nur der letzte zum Stamme gehöret, die vorher gehenden aber nur zufällige Vorlaute sind, welche doch nicht allemahl als müßige Zusätze angesehen werden müssen, sondern die Hauptbedeutung auf mancherley Art bestimmen und abändern. Es gilt dieses besonders von allen denjenigen Wörtern, welche zu Anfange nach dem s noch einen oder mehrere Consonanten haben, wobey noch dieses voraus zu setzen ist, daß die weichen b und d allemahl in die verwandten härtern p und t, k und g aber in das weichere ch übergehen, der Blaselaut w aber, so wie l, m, n und r statt des einfachen s gemeiniglich das voller zischende sch bekommen. So findet man bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern sehr oft s was, swer, swie, swenn, für was, wer, wie, wenn. Spreiten ist von breiten, und dieß wieder von reiten; schlecken von lecken; schmelzen, Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , von milde; Schnee, Nix, von dem noch bey den Jägern üblichen Neu; Stock, Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , von Docke; der Stollen im Bergbaue, von dem Oberdeutschen Dohle, ein Canal; schließen, Nieders. fluten, von dem noch im Lat. üblichen cludere; das Nieders. Scharn, Mist, von Gahre, Mist, Dünger; sterben von derben; das Holländ. slink von unserm link; Schlamm, Schleim, von Lehm, Leim, Lat. Limus; schlüpferig von dem noch im Lat. befindlichen lubricus; scheren von kehren, Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – ; schreyen von kreyen, Franz. crier; schreiten von gradi; schreiben von reiben, – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , stumm und dumm; Specht, Picus, von bicken; Stier, Taurus, von tor, groß; das Stammwort von schwer ist noch in dem Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – befindlich. Mehrere werden im folgenden auf allen Seiten vorkommen. In manchen Wörtern ist das Anfangs s auch ein Zusatz vor dem Vocal. So sind Saal und Aula sondern und ohne, das Lat. super und über u. a. m. Eines Geschlechtes. Dieser Vorschlag ist nicht bloß den Deutschen Mundarten eigen, sondern er findet sich bey allen Völker schaften; ja es gibt Sprachen, welche fast keinen Mitlauter aussprechen können, ohne ihn mit einem s zu begleiten. So machten die Äolier aus Geten oder Kithen ihre Scythen, aus Kimber, Skimber. Für Servus sagten die ältesten Lateiner erst Erus, und hernach Eruus. Aus Dach machten die Griechen – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , und aus Zinn, Nieders. Tinn, die Lateiner Stannum. Oft ist dieses s freylich wohl etwas Eigenes der Mundart, ohne eine bestimmte Bedeutung zu haben. Allein in sehr vielen Fällen kann man es doch als eine Intension ansehen, welche sich aus dem natürlichen Laute, den dieser Buchstab nachahmet, sehr wohl erklären läßt. Im mittlern Lateine lautet dieses intensive s häufig vollständig es- und ex- und es stehet dahin, ob es nicht auch im Deutschen aus zusammen gezogen worden. Die Italiäner sagen struccare für estruccare, ausdrucken; svellere, sminuire, stimare, scaldare, u. s. f. wo es überall die Bedeutung verstärkt. Das dieser Nation so eigene privative s zu Anfang der Wörter, ist wenigstens augenscheinlich, aus ex oder dis entstanden; sradicare, ausrotten, scalzare, die Schuhe ausziehen, sbrigare, der Mühe überheben, von Briga, sbendare, entbinden, von Benda, die Binde, sbaccellare, enthülsen, scallare, auspacken, sbarbare, des Bartes berauben, sbarcare, ausschiffen, sborsare, ausbeuteln, und hundert andere mehr. Das t ist dem s sehr nahe verwandt, daher es von vielen auch der halbe Zischer genannt, und von manchen Völkerschaften mit einem gelinden Zischlaute durch die Zähne gesprochen wird. Beyde Mitlauter wechseln daher in allen Sprachen sehr häufig mit einander ab; besonders gebrauchen die Niederdeutschen, und die mit [1231-1232] ihnen verwandten Mundarten, in sehr vielen Fällen gern ein t, wo die dem s und sch günstigern Oberdeutschen diese letztern Mitlauter haben. Lassen, Nieders. laten, das, was, Nieders. dat, wat, schleißen, Nieders. sliten, reißen, Nieders. riten u. s. f. Unser es, Nieders. it, Engl. it, und das Lat. id, sind ursprünglich Ein Wort. R und s, h und s gehen in allen Sprachen gleichfalls oft in einander über, weil die Laute, welche sie bezeichnen, oft nur in den Graden verschieden sind. Ein sanfter Wind wehet, ein stärkerer säuselt, ein noch stärkerer sauset, raset und brauset. So lauten die Griech. – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – und – hier nichtlateinischer Text, siehe Image – , bey den Lateinern Sus, Sol, Sylva und Sudor; für Zunder sagte man ehedem Hunuer; unser Hase lautet im Schwed. und Engl. Hare; verlieren und verliesen waren ehedem gleichbedeutend, wie köhren und kiesen, was und war. 2) In der Beugung und Ableitung der Wörter spielet dieser Buchstab eine nicht minder ansehnliche Rolle. Er hilft in vielen Hauptwörtern die zweyte einfache Endung des männlichen und ungewissen Geschlechtes bilden; des Mannes, des Hauses, des Trunkes oder Trankes. Bey den eigentlichen Hauptwörtern hat er hier gemeiniglich ein e vor sich, welches aber auch, wenn der Wohlklang es verstattet, weggelassen werden kann und oft wegbleiben muß. Nur die Infinitive, wenn sie als Hauptwörter gebraucht werden, leiden dieses e nicht; des Daseyns, des Wesens, des Essens. Es ist hier, so wie in allen folgenden Fällen, kein leerer willkührlicher Schall, obgleich das hohe Alterthum alle weitere Muthmaßungen verbiethet. Dieses s, welches eigentlich nur für die männlichen Hauptwörter bestimmt ist, bekommen auch die weiblichen eigenthümlichen Nahmen, wenn sie ohne Artikel in der zweyten Endung vor dem regierenden Hauptworte stehen; Marianens Tugend, Luisens Schönheit, Minervens Schild, Hedwigs Geist. So wie es auch in der Zusammensetzung vielen weiblichen Nennwörtern angehänget wird; hülfsbedürftig, Hülfsgelder, der Geburtstag, die Andachtsübung, hoffnungsvoll, anbethungswürdig, Liebesbriefe, Nahrungsmittel, die Frauensperson. Im Niederdeutschen bildet es auch in vielen Fällen den Plural ohne Unterschied des Geschlechtes, welchen Plural die Niedersachsen oft mit in die Hochdeutsche Mundart bringen, der er doch fremd ist; die Mädchens, Frauens, Jungens, die Schülers, die Dieners. Es scheinet, daß die heutigen Franzosen, so fern ihre Sprache durch die ehemahligen Franken verändert worden, ihren Plural auf s daher bekommen haben. Im Deutschen pflegt man ihn daher auch oft in solchen Wörtern beyzubehalten, welche zunächst aus dem Französischen entlehnet worden; die Ministers, Generals, Officiers, Grenadiers u. s. f. wofür man doch besser sagt, Minister, Generale, Officier, Grenadier. Ferner macht dieses s am Ende der Wörter auch Nebenwörter; allerdings, gleichfalls, theils, rechts, links, unversehens, flugs, erstens, zweytens, drittens, abends, mittags, nachts, montags, dienstags, nächstens, welche nicht selten eine unbestimmte Bedeutung haben, S. -mahls in 6 Mahl. In manchen Wörtern gehet dieses s in st über; einst, dereinst, längst, immittelst, vermittelst. Es scheinet hier aus der Endsylbe -isch zusammen gezogen zu seyn, welche in vielen solcher Wörter in den gemeinen Sprecharten noch deutlich gehöret wird. Auch Opitz sagt noch linkisch für links. Von dem sch und st wird noch an seinem Orte etwas gesagt werden. [1231-1232]
T
, [511-512] der zwanzigste Buchstab des Deutschen Alphabetes und der sechzehnte unter den Mitlautern, welcher mit an die Zähne gelegter Zunge und schnell und stark ausgestoßenem Athem ausgesprochen wird, wodurch er sich von dem d unterscheidet, welches mit einem langsamern und gelindern Drucke der Lunge begleitet wird. Um dieses schnellen und starken Druckes willen, ist dieser Buchstab auch der eigentliche Ausdruck ähnlicher hörbarer Veränderungen in der Natur, daher er denn auch sehr schicklich ist, ein Zeichen der Intension abzugeben, besonders in solchen Fällen, wo der ursprüngliche Laut durch ein d oder s ausgedruckt wird. Daher ist das g, wo es vorkommt, gemeiniglich ein im hohen Grade verstärktes s, ob es gleich in manchen Fällen ein durch den härtesten Zischlaut verstärktes d und t ist. Da sich die Ober- und Niederdeutschen Mundarten, besonders durch das Harte und Weiche in der Aussprache unterscheiden, so wird dieser Unterschied vorzüglich in den Fällen sichtbar, wo ein und eben derselbe ursprüngliche Laut nach verschiedenen merklichen Stufen der Härte oder Gelindigkeit gesprochen und geschrieben werden kann. Daher hat die weichere und sanftere Niederdeutsche Mundart in den meisten Fällen ein d, wo in der rauhern und härtern, zu lauter Intensionen und harten Nachdrücken geneigten Oberdeutschen das t herrscht. Die Niedersächsischen dadeklik, Dag, Danz, Dapper, daven, Deeg, Dook, delgen, Dütsch, u. s. f. lauten im Hoch- und Oberdeutsch thätlich, Tag, Tanz, tapfer, toben, Teich, Tuch, tilgen, Teutsch. Die Hochdeutsche Mundart, welche in vielen Fällen das Mittel zwischen beyden hält, folgt zwar hier größten Theils der Oberdeutschen, behält aber doch in manchen Fällen das Niederdeutsche d; z. B. Dacht, oder Docht, Deich, ein Damm, dichten u. s. f. welche im Oberdeutschen Tocht, Teich, tichten lauten. In vielen Fällen scheinet das so zweydeutige th, seiner ursprünglichen Bestimmung nach, ein Mittellaut zwischen dem weichen Niederdeutschen d und harten Oberdeutschen t zu seyn, wovon an seinem Orte besonders. Von dem Übergange des t in s ist bey S. 3. (1) schon etwas gesagt worden. Ein mehreres würde hier zu weit führen. Die diesem Buchstaben eigene Härte ist oft ein bequemes Mittel in der Zusammensetzung und Ableitung der Wörter, die unangenehme Weiche zusammen treffender flüssiger Mitlauter zu vermeiden; welches besonders alsdann Statt findet, wenn von einem Infinitiv oder einem andern Worte auf -en, ein Wort auf lich und niß gebildet werden soll, wo um des Wohllautes willen gern ein t eingeschaltet wird; Kenntniß, Erkenntniß, Bekenntniß, kenntlich, eigentlich, wesentlich, öffentlich, nahmentlich, geflissentlich, ordentlich, gelegentlich, wissentlich, wöchentlich, flehentlich, freventlich, hoffentlich u. s. f. wofür man ehedem nur sagte, Kennniß, öffenlich, eigenlich u. s. f. In manchen Fällen geschiehet dieses auch vor einem Hauch- und Blaselaute; allenthalben, dessentwegen, kenntbar, meinetwegen, deinethalben, um seinet willen u. s. f. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet man noch weiter, und schreibt und spricht daselbst zwischent, nebent, dieselbten u. s. f. für dieselben, zwischen, neben. Eben so gebraucht man diesen Buchstaben im Französischen in manchen Fällen den Hiatuat zu vermeiden; fera-t-il? für fera il? S. auch Antlitz und Ent- Von dem th siehe an seinem Orte besonders.
U
, [729-730] der ein und zwanzigste Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der fünfte oder vielmehr siebente unter den Selbstlauten, wenn nähmlich ä und ö, wie billig, als eigene Selbstlauter mitgezählet werden. Er wird aus der Kehle mit einer runden Öffnung des Mundes ausgesprochen, und ist daher, so fern es eine unmittelbare Nachahmung der tönenden Natur ist, ein Ausdruck des tiefsten und dumpfigsten Lautes, der noch in so vielen Wörtern unläugbar ist; z. B. kurz, dumm, stumm, stumpf, Trumm u. s. f. Seine Aussprache hat in den reinen Mundarten keine Schwierigkeit, indem das Deutsche und Nordische u, dem heutigen Lateinischen u, dem Französischen und Griechischen ou völlig gleichlautend sind. Allein in den gemeinen Mundarten gehet es durch eine Menge von Schattierungen. Besonders pflegt man ihm in einigen Oberdeutschen Gegenden gern ein e nachschleichen zu lassen; Brueder, Muetter, (dreysylbig,) guet, Huef, Tuech, (zweysylbig,) für Bruder, Mutter, gut, Huf, Tuch. In andern dehnt man es wie uo; Buoch, thuot, Muotter u. s. f. welches besonders in Oberschwaben und am Oberrheine geschiehet. Das u ist, wie alle andere einfache Selbstleute, bald gedehnt, bald geschärft; gedehnt in Buch, Fluch, Huhn, thun u. s. f. geschärft in Lust, Mund, Hund u. s. f. Die Verdoppelung des n, wenn es gedehnt ist, ist nicht eingeführet, wohl aber wird demselben in manchen Fällen ein h angehänget. Das u und folgende ii gehen in der Veränderung der Wörter häufig in einander über. Gut und Güter, Bruder und Brüder, Fuß, Füßchen und Füße, Durst und dürsten, Brunst und brünstig, Wunsch und wünschen, dumm, dümmer, dümmste, klug, klüger, klügste, ich schlug, daß ich schlüge. Unsere Sprachlehrer drucken dieses so aus, daß das u in der Veränderung der Wörter oft in üblich verwandelt werde; welches in Ansehung der Flexion richtig ist, aber nicht in Ansehung der Abstammung. Die Zeitwörter sind in den meisten Fällen eher da gewesen, als die davon abstammenden Hauptwörter. Man hat eher gedürstet, ehe man das Abstractum Durst gebildet, eher gehüthet, als man davon die Huth gemacht u. s. f. Hier läßt sich nicht sagen, daß u in ü verwandelt worden, aber auch nicht, daß ü in u übergegangen. Es sind in diesen Fällen, so häufig sie auch sind, vielmehr zwey Mundarten, durch die unaufhörliche Verm schung der Nationen zusammen geflossen, eine rauhere und tiefere, und eine zärtlichere und sanftere. Eben daher rührt es auch, daß ie und u in Wörtern Eines Geschlechtes so oft in einander übergehen; fließen, Fluß und flüssig; siechen, Sucht und süchtig; fliehen, Flucht und flüchtig; triegen, Trug und trüglich. Manche rauhe Oberdeutschen Mundarten lassen statt des Hochdeutschen ü noch jetzt ein tieferes u hören; Rucken für Rücken, Kuche für Küche. Im Schreiben oder vielmehr in der Currentschrift setzt man über das u einen gekrümmten Oberstrich oder auch einen senkrecht stehenden Circumflex, um es von dem n zu unterscheiden, welchem es sonst in der Figur gleich ist. Dieser Gebrauch erstreckt sich bis über das dreyzehnte Jahrhundert hinaus, und wurde in den Handschriften, auch in der so genannten Mönchsschrift, beobachtet, indem auch hier das n dem u sehr gleich sahe. Allein, das Zeichen, dessen man sich zum Unterschiede des letztern bediente, war nicht zu allen Zeiten und bey allen Abschreibern gleich, und es scheint, daß man dabey sehr willkührlich verfahren. Sehr häufig setzte man über das u einen völlig runden Zirkel, und daraus haben einigen den Schluß machen wollen, dieser Zirkel sey aus dem o entstanden, welches manche gemeine Mundarten, wie schon gedacht, dem u nachschleichen lassen, welches man denn darüber geschrieben, anstatt daß die Griechen und Franzosen das tiefe u durch ein vorgesetztes o ausdrucken; hier nichtlateinischer Text, siehe Image und ou. Allein dieser Gebrauch war nicht allgemein. In vielen Handschriften stehet gar kein Zeichen über dem u; in andern unterschied man es durch ein Paar schräge stehende Puncte von dem n, wie solches Schöttchen in einem Programm von einer alten Übersetzung der Sprüche Salomonis von ungefähr 1400 bemerkt. Noch häufiger schrieb man nach Art der alten Lateiner statt des u ein v, und in den spätern Zeiten oft gar ein w, welche beyde letzten Arten auch noch in den gedruckten Büchern des sechzehenten Jahrhunderts häufig vorkommen; doch scheint es, daß man das v am häufigsten zu Anfange eines Worte, und das welche in Doppellauten gebraucht, vnd, Frawen, thewer. Unser Ew. für Euer ist noch ein alter Überrest davon. Vermuthlich sprachen die alten Lateiner ihr u eben so, wie wir aus. Bey den Griechen lautete es wie bey den heutigen Franzosen, wie u; da sie nun doch das tiefere u in ihrer Sprache hatten, aber kein eigenes Schriftzeichen dafür kannten, so wählten sie ein zusammen gesetztes, und druckten den tiefern Laut des u durch ein vorgesetztes tiefes o aus; hier nichtlateinischer Text, siehe Image und ou. Wer nun um des zusammen gesetzten Zeichens willen das u gleich für einen Doppellaut halten wollte, würde eben so flach urtheilen, als wer unser ä, ö, ü das Schwedische ä u. s. f. um dieser Zeichen willen in die Reihe der Doppellaute setzen wollte. Das u und v sind schon dadurch wesentlich von einander unterschieden, daß eines ein Selbstlaut, das andere aber ein Mitlaut ist. Die älteste Römische Capital-Schrift hatte für beyde nur ein einziges Zeichen, vielleicht, weil sie in der Aussprache anfänglich nicht verschieden waren; daher schrieben sie auch nachmahls, da beyde Laute bey ihnen hinlänglich unterschieden waren, beyde in ihrer großen Schrift mit einem V. In den spätern Zeiten führten sie in der kleinern Schrift das u ein, welches denn auch von den Deutschen mit in ihr Alphabet aufgenommen wurde. Nichts desto weniger ist in den neuern Zeiten von einigen Halblateinern, aus einer slavischen Nachahmung, die übele Gewohnheit wieder aufgebracht worden, in der alphabetischen Stellung der Wörter, die mit u und v anfangenden unter einander zu werfen, und Vater, Übel, Üben, Ver, Ufer, Uhr, Un, Vor u. s. f. als Wörter Eines Buchstabens auf einander folgen zu lassen. Man sollte kaum glauben, daß ein so thörichter und widersinniger Einfall Beyfall finden können, und doch findet man ihn fast in allen Wörterbüchern und Registern angewandt. Ich habe es für Pflicht gehalten, der Natur und Vernunft, die beyde Buchstaben wesentlich getrennet haben, getreu zu bleiben, und sie in diesem Wörterbuche gleichfalls von einander abzusondern. [729-730]
Ü
, [729-730] ein einfacher Selbstlaut, welcher die achte Stelle unter den Deutschen Selbstlauten verdienet, ob es gleich, so wie seine Brüder ä und ö, von den meisten Sprachlehrern davon, ausgeschlossen wor- den, die sie bald Halb-Vocale, bald unreine Selbstlaute, bald gar Doppellaute nennen, ohne mit einer von diesen Benennungen einen bestimmten und deutlichen Begriff zu verbinden. Es ist, wie das Französische u, ein Mittellaut zwischen dem i und u, wird aber in den Provinzen bald wie ein völliges i ausgesprochen, wie das Minze, ibel, fir, Minch, hibsch der Schlesier und Pfälzer; bald aber auch wie das tiefere u, in dem Schuler, Zeugnuß, Rucken u. s. f. vieler Oberdeutschen, deren rauhere Mundarten statt des Hochdeutschen ü gern ein tiefes u hören lassen. Daß er ein einfacher Selbstlaut und kein Doppellaut ist, erhellet unter andern auch daraus, weil er bald gedehnt, bald geschärft ist; ersteres in Mühe, büßen, süß, trübe u. s. f. letzteres aber in müssen, Flüsse, Güsse, kürzer, Küche u. s. f. Da das Deutsche von den Lateinern erborgte Alphabet kein Schriftzeichen hatte, diesen Laut auszudrucken, so mußte man seine Zuflucht zu einem zusammen gesetzten nehmen. Man wählte das u und setzte das i darneben, oder auch wohl darüber, anzudeuten, daß das ü ein Mittellaut zwischen beyden wäre; andere aber bedienten sich statt des i, zu eben dem Ende des e, und daher schrieb man das ü bald ui, iu, u, bald ue, bald u, und in der größern Schrift bald Ui, bald Ue. Alle diese Schreibarten haben den großen Haufen der Sprachlehrer, die über das Äußere hinweg zu sehen nicht im Stande waren, verleitet, diesen Selbstlaut für einen Doppellaut auszugeben, weil sein Zeichen aus zwey Zeichen zusammen gesetzt war. Sie haben aber auch noch die Unbequemlichkeit, daß sie Ausländern und Unkundigen die Aussprache ungewiß machen, weil Ui leicht wie der Schwäbische Doppellaut ui, z. B. uich für euch, welchen doch die Hochdeutschen nicht kennen, gelesen werden kann. Am schicklichsten wäre es daher, wenn das ü mit zwey Puncten so wohl in der größern als kleinern Schrift allgemeiner gemacht würde, welches durch die Schriftgießereyen sehr leicht geschehen könnte. Schon in dem zu Ulm 1483 gedruckten Buche Keltla und Dimma ist das ü mit zwey Strichlein über dem u angedeutet. Siehe auch, was schon bey dem ä und ö von diesen Selbstlauten gesagt worden. [731-732]
V
, [1163-1164] der zwey und zwanzigste unter den Deutschen Buchstaben und der siebzehnte unter den Mitlautern, welcher seiner heutigen gewöhnlichsten Aussprache nach dem f gleich lautend ist, er stehe zu Anfange eines Wortes, Vater, viel, voll, Volk, oder am Ende, brav, massiv, oder auch in der Mitte, Larve, Nerve, Pulver. In dem letztern Worte wird es von vielen gelinde, wie ein w gesprochen, welche Aussprache es auch bekommt, wenn es in der Mitte zwischen zwey Selbstlautern stehet; wie in Frevel, Stüver, Sclave, wo es wie ein w oder sanftes b ausgesprochen wird. Die Deutschen haben diesen Buchstab mit dem ganzen übrigen Alphabete von den Lateinern angenommen. Allein, bey diesen hatte er, aus Armuth an Schriftzeichen, einen sehr mangelhaften Gebrauch. In ihrer größern Schrift mußte das V so wohl den Selbstlaut u, als auch den gelindern Blaselaut, ausdrücken, für welchen wir jetzt das w haben, und ob sie gleich in ihrer spätern kleinern und Current-Schrift zwey verschiedene Zeichen u und v annehmen, so waren doch die Schreiber durch die ältere größere Schrift schon so sehr verwöhnt, daß der Gebrauch der letztern sehr unbestimmt und schwankend wurde. Diese Verwirrung schlich sich mit der Schrift auch in die Deutsche Schreibart ein. Zwar half man einem Theil derselben dadurch ab, daß man für den sanftern Blaselaut, welchen das V, v oder u, wenn es das Zeichen eines Mitlauters war, ausdrucken mußte, das w annahm und nicht Vein, vehe mir, Vind u. s. f. sondern Wein, wehe, Wind schrieb; allein, sie ward auf der andern Seite wieder vermehret, indem man das v nicht nur als völlig gleich bedeutend mit dem f gebrauchte, welches die Lateiner nicht thaten, bey welchen es, wenn es ein Mitlaut war, wie unser w lautete, sondern es auch nach Art derselben anstatt des Selbstlautes u schrieb. Im ersten Falle, schrieb man ohne Unterschied Fater und Vater, fon und von, Folk und Volk, im zweyten aber vnnd und und, dauon und davon. Nach und nach ward die Rechtschreibung einförmiger, und der Mitlauter v theilte sich mit dem f in diejenigen Fälle, in welchen der harte Blaselaut Statt fand, obgleich diese Theilung sehr ungleich und willkührlich geschahe, indem man sich dabey bloß nach dem Gebrauche richtete, und bald das f, bald aber auch das v schrieb, so wie dieses oder jenes allgemeiner geworden war. Man schrieb daher Volk, behielt aber das f in dem Stammworte folgen; auf ähnliche Art entstanden die Ungleichheiten in der Schreibart der Wörter viel, voll und Fülle, füllen, vor und für u. s. f. Einige Wörter hat man noch sehr lange so wohl mit einem v, als mit einem f, geschrieben; z. B. Vehwamme und Fehwamme, vest und fest, und in manchen Gegenden schreibt man sie noch jetzt mit dem v. In solchen Fällen nun, wo der Gebrauch schwankend zu seyn scheinet, erklärt man sich billig allemahl für das f, weil dieses in den allermeisten Fällen zur Bezeichnung des harten Blaselautes angenommen ist, dagegen man das v vergleichungsweise nur in einigen wenigen beybehalten hat. Es ist nur die Frage, ob man es nicht auch in diesen wenigen verbannen und dafür das bessere f einführen könne. Da f und v unserer Aussprache nach völlig gleichlautend sind, das letztere sich auch nur durch einen Mißbrauch anstatt des erstern eingeschlichen hat, so wäre es allerdings zu wün- schen, daß die ersten Schreiber und Schriftsteller dasselbe vermieden hätten. Allein, da die ganze Nation diese Ungleichheit einmahl angenommen, und dadurch stillschweigend gebilliget hat, so kann solche auch nicht anders, als durch ihre allgemeine Einwilligung, wieder abgeschaffet werden, wozu heutiges Tages keine vernünftige Hoffnung ist. Es sind daher alle Bemühungen einzelner Sprachlehrer seit mehr als hundert Jahren in diesem Stücke fruchtlos gewesen und haben ihnen keinen andern Vortheil gebracht, als daß man sie als Sonderlinge verlacht hat, und man kann mit Gewißheit behaupten, daß die Bemühungen derer, welche sich in den neuesten Zeiten zu Sprach- und Schriftverbesserern anwerfen, kein besseres Schicksal haben werden. Überdieß würde die Verwirrung, welche eine so wesentliche Veränderung, als die Ausstoßung eines ganzen allgemein angenommenen Buchstabens ist, weit mehr Nachtheil verursachen müssen, wen sie auch gewisser Maßen allgemein werden sollte, als der kleine etwa damit verbundene Nutzen wieder ersetzen könnte. Was den Gebrauch des v anstatt des u betrifft, so hat sich derselbe sehr lange erhalten, wozu bey Wiederherstellung der alten Römischen Litteratur die Pedanterey einiger Lateinischen Gelehrten das ihrige beytrug, welche das u zu Anfange eines Wortes mit v und in der Mitte mit u ausgedruckt wissen wollten; eine Pedanterey, welche sich, so seltsam und thöricht sie auch ist, doch sehr lange erhalten hat. Allein, endlich behaupteten Vernunft und Geschmack ihr Recht, wenigstens in der Deutschen Schreibart, und zeigten ihnen, wie seltsam es sey, vnd zu schreiben, und nunmehr ward der Mitlaut v mit fast einstimmiger Bemühung überall verbannet. Ein Überbleibsel des alten Vorurtheils, das u und v als einen und eben denselben Buchstaben zu betrachten, hat sich indessen noch bis auf unsere Zeiten erhalten, und dieser bestehet darin, daß man in allen Registern und alphabetischen Verzeichnissen den Selbstlaut u mit dem Mitlaut v vermengt, und die damit anfangenden Wörter nach Maßgebung des folgenden Buchstabens ordnet. Wie seltsam diese Vermischung zweyer in der Gestalt und Aussprache so verschiedener Buchstaben ist, wofür man keinen andern Grund hat, als weil die alten Römer in ihrer großen Schrift, aus Armuth an Schriftzeichen, für beyde nur Einen Buchstab hatten, darf wohl nicht erst gesagt werden. Es wird also auch nicht erst einer Entschuldigung bedürfen, daß ich in diesem Wörterbuche U und V, als zwey verschiedene Buchstaben, so wie sie es wirklich sind, behandelt habe. [1163-1164]
W
, [1317-1318] der drey und zwanzigste Buchstab des Deutschen Alphabets, und der achtzehnte unter den Consonanten oder Hauptlauten, welcher zu den Blaselauten gehöret, und zwar der weichste und sanfteste unter denselben ist, daher er eben den Laut hat, welchen die Franzosen, Italiäner und Ungarn dem v beylegen. Im Deutschen kann derselbe um dieses weichen Lautes Willen nur von einem Vocale stehen, wehen, weg, ewig, Löwe. Allein im Niederdeutschen findet man ihn auch vor einem r, wräcken, rächen, wringen, ringen, wriben, reiben u. s. f. welchem Beyspiele denn auch die Englische Sprache, als eine Tochter der Niederdeutschen, folgt. In allen diesen Fällen, wo das w vor einem r stehet, ist es ein müßiger Vorsatz, welcher bey Aufsuchung der Wurzel nicht in Betrachtung kommt. In den wenigen Fällen, wo die Hochdeutsche Mundart diesen Hauch ja behalten hat, da hat sie ihn in das s und b verwandelt: wrefeln, freveln, Wrack, Ausschuß, Brack. Daß das w aber auch in andern Fällen nicht wesentlich zur Wurzel gehöret, sondern allenfalls eine bloße Verstärkung des Tones ist, erhellet aus so vielen Wörtern in den verwandten Sprachen, die diesen Laut nicht haben; wie dem Schwed., Dän. und Isländ. ord, Deutsch Wort, dem Isländ. und Schwed. andra, wandern, dem Schwedischen ila, weilen, dem Gothischen aurt, Schwed. ört, Wurz, dem Schwed. önska, wünschen, und andere mehr. Man schließe indessen daraus nicht, daß das w überall bloß zufällig sey, und bey Aufsuchung der Wurzel eines Wortes allemahl weggeworfen werden könne. In den meisten Fällen ist es wesentlich, und bezeichnet eine eigene sehr merkliche Onomatopöie, wie in wehen, wegen, wiehern, wanken u. s. f. Ist diese Onomatopöie in hundert andern Fällen nicht mehr merklich, so rühret solches daher, weil die mehrmahls übergetragenen Bedeutungen die erste eigentliche verdunkelt und in Vergessenheit gebracht haben. Bey den alten Deutschen hatte dieser Buchstab einen Laut, welcher aus u und v zusammen gesetzt war, wie sich theils aus Ottfrieds Stelle in der Vorrede zu seinen, Evangelien vermuthen läßt: nam interdum tria u u u, ut puto, quaerit in sono, priores duo consonantes, ut mihi videtur, tertium vocalisono manente; theils aus der ehemahligen Art Frawe, schawen u. s. f. zu schreiben, welche letztern ohne Zweifel wie Frauwe, schauwen gesprochen wurden. In den spätern Zeiten, als Sitten und Aussprache, besonders in der Hochdeutschen Mundart, sich verfeinerten, ließ man unter mehrern andern Nebenlauten in den jetzt gedachten Fällen auch das w weg, und schrieb und sprach statt des rauhen uv ein bloßes u. Nur in dem Ew. der abstracten Ehrenwörter, für Euer, hat sich diese alte Schreibart noch erhalten. Zu diesen in den spätern Zeiten ausgemusterten müßigen Nebenlauten gehöret auch das h vor dem w, welches zu Anfange eines Wortes in den ältesten Mundarten so oft vorkommt; hwil, Welle, hwelcher, welcher; besonders in der Angelsächsischen, woraus nachmahls das wh der heutigen Englischen Sprache geworden ist. Einige gemeine Mundarten pflegen statt des w gern ein m zu sprechen: mir für wir, Mörsing für Wirsing. [1317-1318]
X
, [1639-1640] der vier und zwanzigste Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der neunzehnte unter den Consonanten, welcher aber keinen einfachen, sondern einen zusammen gesetzten Laut bezeichnet, und wie ks ausgesprochen wird. Die Figur desselben ist aus zwey Lateinischen c zusammen gesetzt, doch so, daß in der größern, oder Capital-Schrift die beyden c mit dem Rücken an einander stoßen, in der kleinern Schrift aber über einander gesetzt werden, etwa so hier nichtlateinischer Text, siehe Image, woraus in der eckigen Schrift die Figur unsers heutigen x entstanden ist. Wir haben diesen Buchstaben, nebst allen übrigen aus der Lateinischen Schrift erhalten, machen aber nur einen sehr eingeschränkten Gebrauch davon, indem sich kein Deutsches Wort so wenig mit diesem Buchstab, als mit dessen Laute ks, anfängt, es auch in der Mitte und am Ende nur sehr selten gebraucht wird, nähmlich nur alsdann, wenn die Abstammung dunkel ist, und man nicht weiß, ob man dessen Laut in hier nichtlateinischer Text, siehe Images, chs, oder gs auflösen soll, denn auch diese beyden letztern werden oft als ks gesprochen. Man schreibt es daher nur in Axt, Kux, und Hexe, weil es in diesen Wörtern dunkel ist, welchen Gaumenlaut man vor dem s setzen soll. Eidexe und Axe werden richtiger Eidechse und Achse geschrieben, weil hier der Bau erweislicher ist; wie bey diesen Wörtern bereits angemerket worden. Buchsbaum und Buxbaum sind beynahe gleich üblich; der Dachs, flugs, die Büchse, sechs, Flechse, der Luchs, u. s. f. werden nie mit einem x geschrieben.
Y
, [1639-1640] der fünf und zwanzigste Buchstab des Deutschen Alphabets, und der achte unter den Vocalen, oder Hülfslauten, in dessen Figur eigentlich zwey ganz verschiedene Laute vereiniget sind. 1. In Wörtern, welche aus dem Griechischen und Lateinischen herstammen, vertritt es die Stelle des hier nichtlateinischer Text, siehe Image und y, und wird alsdann mit Recht Ypsylon genannt, welchen Nahmen es schon bey den Griechen führte. Es ist alsdann ein einfacher Vocal, welcher mit unserm ü überein kommt, oder vielmehr einen Mittellaut zwischen dem ü und i hat; Sylbe, System, synthetisch. Das Gesetz der nächsten Abstammung erfordert es, diesen Vocal in allen den Fällen zu behalten, wo die Ursprache ihn einmahl aufgenommen hat. 2. In eigentlich Deutschen Wörtern ist es ein Zeichen eines gedehnten i, doch nur in einigen Fällen, und zuweilen auch eines j nach dem o und u. (1) Eines gedehnten i, in welcher Gestalt es nur noch in zwey Fällen gebraucht wird. (a) Am Ende eines Wortes nach einem a und e, da es denn nicht anders als ai und ei lautet; Bay, May, bey, Ey, vielerley, zwey, drey, Tändeley. (b) In abgeleiteten Wörtern, wenn sich die Wurzel auf ay oder ey endigte: beyde, schreyen, zweytens, meynen, welches doch jetzt am häufigsten meinen geschrieben wird, weil die Wurzel mey längst veraltet und verdunkelt ist. So auch in dem Verbo seyn, welches nicht, wie gemeiniglich geglaubt wird, bloß zum Unterschiede von dem Pronomine sein mit einem y geschrieben wird, sondern weil es vermittelst der Ableitungssylbe des Infinitives, en oder n, von einer alten Wurzel sey gebildet ist. (2) Eines j am Ende der Wörter und Sylben, nach o und u: Hoya, Hoyerswerda, Boy, huy, pfuy. Allein dieser Gebrauch ist, die eigenen Nahmen allenfalls ausgenommen, im Hochdeutschen veraltet, und man gebraucht dafür richtiger das j: Boj, huj, pfuj. Ehedem wurde dieses y weit häufiger, und fast ohne Unterschied Statt eines gedehnten i gebraucht, so wohl zu Anfange der Wörter Ygel, Yüden, yetzt; als auch in der Mitte und am Ende: July für Julii, der Mayn, Maynz, nye, Neyd, Gewyssen, Zweyfel, Eyd, u. s. f. bis die neuere Hochdeutsche Mundart es auf die eben gedachten Fälle einschränkte. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieses y, welches mit dem Ypsilon der Griechen und Lateiner nichts als die zufällige Figur gemein hat, aus einem i und j entstanden ist, und seinen Grund in einer veralteten Aussprache hat, welche dem gedehnten i gern noch ein j nachschleichen ließ, so wie noch manche gemeine Mundarten allerleij, oder wohl gar allerleije, und die Niedersachsen Fijend, für Feind, sprechen. Da man ehedem alle Schattirungen der provinziellen Aussprache auch durch die Schrift auszudrucken suchte, so war nichts leichter, als daß ij in y zusammen gezogen wurden, daher es auch in den niedern Schulen das ii nennet, und es durch zwey darüber gesetzte Puncte von dem Ypsilon unterscheidet. Die Ursache, warum die neuere Hochdeutsche Schriftsprache dieses y noch in den gedachten Fällen beybehalten hat, scheinet mir in einer dunkelen Empfindung der Anständigkeit zu liegen. Das i ist der kleinste Buchstab, der den wenigsten Körper hat, und daher auch unfähig scheinen kann, einen gedehnten Laut zu bezeichnen. Um dieser Ursache Willen hat man ihm auch in andern Fällen das h und e zugesellet, um die Dehnung auszudrucken: ihm, ihr, siehe, Liebe; und aus eben der Ursache bezeichnete man diese Dehnung am Ende eines Wortes durch das ii oder y. Es hat also die Figur wirklich einen Grund, und einen Grund, der so verächtlich gewiß nicht ist, als viele glauben, die dieses y überall verbannet, und durch i ausgedruckt wissen wollen. Ich sehe daher nicht ein, was man damit ersparen oder dadurch gewinnen will. Es ist eine bekannte Regel, daß sich ein Vernünftiger ohne Noth nie von einer unschädlichen und unschuldigen Gewohnheit entfernen soll, am wenigsten in der Sprache, wo die Verletzung des Conventionellen selbst in der Orthographie so wohl die Einheit, als möglichste Klarheit, störet. Neuerungen dieser Art haben, mit dem Quintilian zu reden, keinen andern Grund, als Insolentiam quandam et frivolam in parvis jactantiam. [1641-1642]
Z
, [1641-1642] der sechs und zwanzigste und letzte Buchstab des Deutschen Alphabetes, und der zwanzigste unter den Consonanten. Es ist der härteste unter den so genannten Sauselauten, welche den Graden der Härte nach so auf einander folgen: das gelinde s, in sehen, sieben, leise; das ß, oder einfach geschärfte nach gedehnten Vocalen, Spaß, spaßen, süß, fließen, außer; das doppelt geschärfte nach geschärften Vocalen, Wasser, wissen, lassen; und das harte, oder z, welches seiner Natur nach so wohl nach gedehnten, als geschärften Vocalen stehen kann, ob es gleich im Hochdeutschen nach gedehnten selten ist. Es wird, wie im Griechischen und Lateinischen, vermittelst eines starken Druckes der Zunge an die Zähne ausgesprochen, und stehet so wohl zu Anfange eines Wortes und einer Sylbe, Zahl, Zeit, zu, zur, als auch am Ende, und in diesem Falle am häufigsten nach gewissen Consonanten, besonders nach dem l, n, r, und t, schmelzen, Filz, Lenz, schmerzen, Schatz, Witz, schützen. Da dieser Buchstab mit einem Drucke der Zunge an die Zähne ausgesprochen werden muß, welcher einige Ähnlichkeit mit dem t hat, und auch im Hochdeutschen nicht leicht nach gedehnten Vocalen gesetzet wird, so haben viele diesen Buchstab für einen zusammen gesetzten gehalten, der aus tz entstanden sey, und daraus weiter die Folge gezogen, daß das tz überflüßig sey, indem schon in dem bloßen z ein t liege. Allein, es streiten so wohl wider die Voraussetzung, als die daraus gezogene Folge, folgende Gründe. 1. In der Figur des z ist keine Spur einer Zusammensetzung, sondern es ist ein bloßes einfaches Zeichen, so wie die übrigen. Die Zusammensetzung müßte also bloß in dem Laute liegen. Allein auch hier kann sie 2. nicht liegen, weil der Druck, mit welchem ein Buchstab vor andern seiner Classe ausgesprochen wird, noch keine Zusammensetzung macht. F, k, p und t sind gleichfalls die harten Buchstaben ihrer Classe, erfordern also auch einen Druck, der, wenn man ihn langsam auflöset, Ähnlichkeit mit einem h hat, ohne daß es bisher noch jemanden eingefallen wäre, diese Buchstaben für zusammen gesetzt zu halten. 3. Ein doppelter Buchstab fordert zwar der Regel nach einen geschärften Vocal vor sich, und wahr ist es, daß das z im Hochdeutschen fast allemahl nach geschärften Vocalen stehet. Allein, wäre es seiner Natur nach doppelt, so könnte es weder in den Mundarten noch in andern Sprachen nach gedehnten Vocalen stehen, welches doch häufig genug geschiehet: gaza, oryza, die eigenen Nahmen Buzo, Mozyr, Wizo, Rozan, die provinziellen kuzeln für kitzeln, Striezel, Kiez, biezeln, brökeln, und viele andere mehr, und selbst die Hochdeutschen Hiez, Miez, Katzen zu rufen, der Biez, u. s. f. 4. Die Etymologie zeiget sehr deutlich, daß das z am Ende einer Sylbe und in der Mitte der Wörter aus dem gelindern s entstanden ist, besonders wenn es nach gewissen Consonanten stehen sollte, die ihrer Natur nach dieses s gern in das härtere z verwandeln, wohin besonders l, n und r gehören: schmelzen, falzen, schmerzen, tanzen, u. s. f. wo es aus den Ableitungssylben sen und seln entstanden ist. Wenn das t ein s nach sich haben sollte, so theilet sich dessen eigenthümlicher Druck gern auch dem folgenden s mit, daher dasselbe gleichfalls in ein z übergehet: Platz, sitzen, Schatz, hetzen, schützen, reitzen, putzen u. s. f. Man sehe, was von jedem dieser Wörter in Ansehung der Ethymologie gesaget worden, so wird man allemahl finden, daß das z aus einem bloßen gelinden s entstanden ist, und daß folglich das t zur Wurzel gehöret; daher auch die Niederdeutschen, welche das s gern durch ein t aus- drucken, dergleichen Wörter oft vermittelst eines tt sprechen und schreiben: Schatt, sitten, schütten, außer wo die Onomatopöie noch zu merklich ist, wie in blitzen, platzen u. s. f. Es ist also eine wahre Verstümmelung und Verletzung der nächsten Abstammung, wenn man in solchen Fällen das t, da es doch zur Wurzel gehöret, weglassen, und Schaz, sizen, hezen u. s. f. schreiben wollte, weil dergleichen Wörter nicht anders als gedehnt gesprochen werden können, Schaz, sizen, hezen. Eben so groß ist die Verstümmelung, wenn man dem tz ein zz unterschieben will, weil zwar die Aussprache dadurch erhalten, aber der Bau des Wortes nicht minder zerstöret, und zugleich eine Wirkung ohne Ursache angenommen und angebracht wird; indem das z in allen diesen Fällen seinen Grund bloß in dem vorher gehenden t hat, und wieder in ein s übergehen müßte, wenn dieses wegfallen könnte, daher auch ein zz ganz wider die Analogie der Deutschen Sprache ist. Es ist dieses zugleich ein neuer Beweis, daß alle solche Neuerungen aus Unkunde der wahren Sprachgründe herrühren, und zwar einreißen und zerstören, aber niemahls bauen und bessern. S. auch was schon zu Ende des Buchstaben T von dem tz gesaget worden. Eben so wenig kann das z, wenn es zu Anfange eines Wortes stehet, für einen doppelten Buchstaben gelten, indem die Niederdeutsche Mundart, als eine Feindinn der Sauselaute, ihn gern mit dem zwar eben so harten, aber dennoch einfachen t vertauschet: tae, Tagel, Tack, Tahl, tehen u. s. f. für zähe, Zagel, Zacke, Zahl, ziehen; dagegen sie in manchen andern Fällen das sanftere Hochdeutsche s in das härtere z verwandelt: Zabel, zuften, für Säbel, seufzen. Den alten Mundarten hatte dieses z noch nicht Härte genug, daher sie es noch durch ein vorgesetztes e verdoppelten: erczaigen, Pfalczgraff, Maincz, czu, Getancz, churcz, Arczt, Erczeney, Churczweyl. [1641-1642]
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übrig
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Adj. ‘(als Rest) vorhanden, verbleibend, restlich’, mhd. überic, überec; auch ‘überflüssig, überschüssig, zuviel’, vgl. ein übriges tun ‘mehr tun, als verlangt wird, als nötig ist’ (16. Jh.), aus der theologischen Sprache der Reformationszeit, eigentlich ‘mehr tun, als Gott von einem verlangt’;
aus: DWDS
Und wer sich die Begriffswolke in heutiger (Schrift)Sprache anschaut, kann ermessen, welch unglaublicher Interpretationsnotstand heute allgemein anzutreffen ist, will der letzte Vers der Nachtgesänge irgendwie erfasst werden: Bereit an übrigem Orte.
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aktuelles Textbuch
PDF-online / download
PDF, 13 Seiten DIN A3 quer
Anfangs als Bühnenprogramm gedacht, seit Beginn 2019 transponiert in eine Kino-Performance.
Meine aktuelle Textauswahl für dieses 90-Minuten Programm:
An die Eichbäume
Feiertagshymne, ergänzt um das Fragment „Aber in Hütten wohnet der Mensch …“
Nachtgesänge
Der Jüngling an die klugen Rathgeber
Brod und Wein
Friedensfeier
Menschenbeifall
Da ich ein Knabe war …
wordclouds
Silben ordnen, anordnen, einordnen, einnorden, peilen, verfolgen, zeitlich zeugen.
Einige Gedichte und Gedichtgruppen Hölderlins werden auf dieser Seite, nach Einpflege der Silben in online-wordcloud-Algorhythmen, platziert, gerendert, aber rhythmisch arbiträr dargestellt.
Erst erscheint die Willkür des Codes oder ist’s die Internetverbindung? dann scheint Rhythmus. Dann sofort anderes. Diese Videos sind keine Lösung, aber ein Weg. Mehr noch: ein spannender, gehbarer.
Sinntragende und sinn(an)füllende Silben machen Sprache. Der Rest kommt drauf an, wird Übriges.
Sprache geht Kino
Hölderlins Sprache geht Hightech ins Kino. In bestem Dolby-Ton und auf großer Leinwand. Der Sprecher steht daneben. Kino live.
Seit Anfang 2019 bin ich mir sicher. Meine bildgestützte Umsetzung einer Rezitation muss gar nicht auf die Bühne. Ein Kino ist exakt der technisch hervorragend ausgestattete Raum. Ein Projektor, den man in keinem Theater findet, eine Tonanlage, die keine Wünsche offen lässt, meistens hervorragende Sessel und richtig dunkel wird’s auch, wenn man will. Mein Konzept eines Bühnenprogramm’s passt sich sehr geschmeidig an diese Veränderung an.
erster Flyer
ausführlich
technisches PDF 16 Seiten mit Hintergrundinformationen
Metrische Analysen und Betrachtungen
Nachtgesänge
Neun Gedichte – sechs Oden und drei freigebundene Gesänge.
30 Seiten PDF ausführliche metrische Analyse, mit Erklärungen zu meiner Analysemethode.
Mikro-Makro
Brod und Wein
Eine Elegie, bestehend aus 9 x 9 (minus 1) Distichen in neun Strophen, triadisch konstruiert, metrisch ein Kunstwerk, wie ein Tempel antiker Säulen.
Brod und Wein metrisch 12 MB PDF, sehr ausführlich, eine Arbeit aus dem Herbst 2017.
Die Eichbäume
Metrische Strukturen zu den 17 Hexametern von Friedrich Hölderlin aus den Jahren 1796 und 1801
Germanien.
Ein Blick in verschiedene Analysemethoden der rhythmisch-metrischen Struktur dieser Hymne.
Germanien_BIGPRINT – 22 MB 1 Seite, (84 x 320 cm)
Wenn nicht alles sofort deutlich und erschließbar erscheint, dann benutze die (teilweise angegebene) Legende, bzw. frag nach, per Mail, unter post@hldrln.de)
Herbstfeier
Der Kirchhof
Die Zufriedenheit
Der Spaziergang
Drei Sätze à 8 Verse, entstanden wohl rund 1808, also aus der Zeit der Umnachtung.
Ich habe viele Jahre dafür gestritten, dieses Attribut ‚umnachtet‘ wegzulassen, doch es geht noch schlanker.
Recht hat diese Aussage, H war umgeben von Nacht, in ihm war aber noch Licht. Denn, wer so formschön dichtet, tappt nicht im Dunklen. Wer aber diese Werke abtut als geisteskrank, als Werk eines Verrückten, der/die schon.
In lieblicher Bläue blühet …
8 Seiten, PDF, die Struktur dieses triadischen Gedichtes über Phrasen und Kola gebrochen. Da erscheinen Diotimanten in Zahl, Klang und Gestalt.
Der Jüngling an die klugen Ratgeber
4 Seiten, PDF zu Anfang ein 5-hebiger Jambus, dann kommt, anstatt des leeren Iktus, der Hendekasyllabus. 11 Silben anders konstruiert, Struktur pur.
ein Ding aus eigener Küche:
Bereit, an übrigem Orte.
Gedichttitel Entwürfe
Bild und Gedanke
Während der Arbeit an Navigationsmenüs und beim Abklopfen aller Aspekte der Informations-Architektur habe ich ‚einfach mal‘ neun Gedichte mit Titelbildern versehen. Ohne Anspruch auf Endgültigkeit!
erste Anwendungen
VUO-apps und Videos
Die ersten zwei Prototypen von Anwendungen liegen vor.
Als Ikon der verschiedenen apps habe ich (vorerst) Tänzerin und Aulosspielerin ausgesucht, vor allem wegen der schönen Arsis.
Bedienungsanleitung:
Herunterladen, auspacken (entzippen) und starten. Ton bitte einschalten. Tastatur-Pfeiltasten rauf oder runter gehen zum nächsten bzw. vorigen Vers.
Achtung:
Diese VUO-apps laufen nur auf Mac-Computern, ab Version 10.10. Ob sie auch reibungslos auf den allerneuesten Mac-OS laufen, weiß ich nicht, hoffe ich aber.
Brod und Wein
In den Versen des ersten Distichons von Brod und Wein wird die Position von Wort / Sinngruppe mittels ‚drag and drop‘ verschoben (gelbe Zeile), und zu einer passenden Intonation gefügt (rote Felder). Das kleine gelbe Dreieck spielt die ausgewählte Konfiguration ab.
Download
Hälfte des Lebens
Hälfte des Lebens ist bestückt mit vier verschiedenen Männerstimmen des Gedichtes. Von oben nach unten: Bruno Ganz, Fritz Stavenhagen, Christian Brückner und Martin Feile (alle von YouTube). Ein Verschieben der Positionen ist in diesem Beispiel nicht sinnvoll. Es gilt: Pfeil rauf / Pfeil runter führt durch die Verse. Mit ein wenig Übung können die (nicht-) Enjambements der vier Sprecher bezwungen werden.
Download
Hälfte des Lebens in vier Versionen als VUO-app.
YouTube
auf YouTube liegen die Aufnahmen von Vorstufen dieser Arbeit.
wer begehrt Einlass?
warum das?
wegen dieser Absurdität, vor einer verschlossenen Tür, Titel und Territoriale vorzulesen, die, nach strengem Protokoll verabredet, medien-macht-ritual-wirksam aus dem Inneren abgelehnt werden, … bis dass der/die Tote zum sterblichen Menschen zusammenschnurrt, also die Eröffnung sinnlos war.
Welchen Kotau muss ich üben?
Moodvideos Metrik-Labor
Auf der Suche nach einer Deixis im Rhythmus;
visualisierte Sprache, wenn sie dann zyklisch ist.
Werkstatt
Aus meinen Programmierversuchen, Visualisierungen, Fügungen von Bild, Ton und Wort auf einem Rhythmus, zur Veranschaulichung einer möglichen technischen Realisation eines Raumes, welcher jedem/jeder das Spielen mit diesen Parametern ermöglichen könnte, entstanden diese „Moodvideos‘.
Im Schwarzen trifft Beethoven auf Bilder im Rhythmus;
im Weißen versuche ich Verse und Metainformationen zusammen zu bringen.
Beides bitte als Skizze anschauen, den rudimentären Charakter gelassen ertragen.
und hier der Weg von Hülle zum Menschen
Die goldene Nadel
HLDRLN-BTHVN-2020
Zwei Titanen in einen Ring, quadratisch!
Was passiert?
Zuerst einigen beide sich darauf, diese lächerlichen Schnüre zunichten, die einen Ring eckig begrenzen, und der allgemeine Raum vergrößert sich dramatisch. Einjede/r ist all-ein im Ring mit den Titanen; ungefragt, doch ringsum.
Jetzt aber Position finden, bitte. Chaos. Wo ist mein Zentrum? Der Mythos lebt.
Beethoven und Hölderlin brauchen einander nicht. Der jeweils eine ist sich selbst genug. Allein die Vorstellung, dass ein gesprochener Gesang Hölderlins zeitgleich ein Werk Beethovens betönt, kann die Befürchtung tosender Überfülle zweier Dichtheiten hervorrufen.
Und genau das wird ver-ge-sucht. Das Tosende an beider Gewalt und Dynamik, dieses vermeintlich Nonkompatible, transzendiert in ein neuartiges Klang- und Begriffserlebnis. Salopp gesagt: eine Sphäre höher.
Die rhythmischen Strukturen beider vertragen sich nämlich ausserordentlich gut. Es ist wie surfen bei gutem Wind, hohen Wellen und genügend Mut und Geschick. Aber dann halt in der Sprache zu Musik und Bild.
Sticht Numinoses, Göttliches und Rein-Individuelles wie eine goldene Nadel durch die Kunst, wie durch einen Ballon, und verlässt auf der gegenüberliegenden Stelle (Gegenwart), ohne Knall, des Universums sogenanntes, so geliebtes, „Ich“?
Dieses ‚Ich‘ im Universum ist aber = gleich dem Universum. Der Punkt im Raum ist der Raum, Punkt. Der eine Moment, jetzt, Zack, ist die Ewigkeit. Die Dissonanz ist Teil des Ganzen, und erst damit wird’s harmonisch.
Warum Hölderlin und Beethoven an einem Abend auf einer Bühne?
Also Bitte, das liegt doch auf der Hand. Geburtsjahr, Unbedingtheit zur Kunst, Wahrheit, Schönheit, Mythos, Strahlkraft …
Die Gründe, warum es nicht geschieht, sind fruchtbarer.
Denn der jeweils eine beansprucht jeweils alles.
Kann das gut gehen?
Ja. Es muss sein.
Der rostige Nagel
Wahrheit ist:
Kunst ist teuer, Schönheit unbezahlbar!
Halt !!
Floskel,
Schönheit ist überall: verborgen, sichtbar, gigantisch umsonst.
Die immerwährend mögliche, heilignüchterne Entdeckung von Harmonie, Ordnung und Entwicklung, die Schönheit von Sternenhimmel, Universum, Blumen, Eiskristallen, von Tempeln, Mustern und Bildern, von Zahlenverhältnisse und Diamanten,
die Schönheit ist materiell wertlos, wahrhaft unbezahlbar; ist bloße Wahrnehmung und immer ausschließlich im Geiste vollzogen. Niemand, kein Penner und keine Madonna muss auch nur einen roten Heller dafür hinlegen, um Schönheit zu sehen, zu entdecken und zur eigenen Wahrheit zu führen.
Wertvoll ist die Kunst; das, was die alten Griechen techné nannten, und damit teuer.
Heute übersetzen wir techné mit Technik und denken an Maschinen und Devices; der sprechenden Sprache techné sind Studium, Übung und Ernsthaftigkeit; Stimme, Körper und Atem; Ausdruck, Führung und Bewusstheit; geschickt ein Fahrzeug steuern oder einen Hang runter rodeln ist Technik und nicht techné.
Kunst ist Macht über das Gefühl im Fremden. Kunst ist Mut auf hoher techné.
Schönheit ist Wahrheit.
Dionysos
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Die Verehrung eines Gottes ist etwas anderes als das Schreiben darüber ist etwas anderes als etwas denken oder meinen hierzu.
Das römische Prinzip von Brot und Spiele wird manchmal den Dionysien Athens bis in die Spätantike hinein gleich gesetzt. Genuss und Rausch, Theater, Symposien und heilige Handlungen schufen Friede in der Gemeinschaft bis zum nächsten Jahr.
Das wäre der heutige Karneval. Wer es tatsächlich noch vermag im Karneval die mythische Kraft Dionysos sinnlich zu fassen, dem sei es gegönnt. Ich versuche es auf der Bühne.
Dionysos ist Hölderlins Gott. Alle Verweise und Schlüsselzeichen auf ihn, von Semele über Kadmos, Wein und Baccus usw. lässt ihn in sehr vielen Gedichten und Gesängen Hölderlins mitschwingen oder selbst Thema sein.
Banal und eher auf jugendlichem Niveau, deswegen aber nicht minder Wahr-Schein: ein Leben ohne Rausch ist möglich aber sinnlos.
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