wichtig ist mit wem

Interview aus dem Jahr 2007, anlässlich der Eröffnung der Fürst von Arenberg Bühne mit der guten Frau Schulze vom General-Anzeiger. Dieses Interview steht zur Zeit noch unter diesem Link. Wie lange noch, liegt ausserhalb meiner Gewalt, daher veröffentliche ich es hier nochmal.

Die unerhörten Geschichten hat niemand gehört

General-Anzeiger

Warum eröffnen Sie gerade in Mayschoß ein Theater?

Engelhardt

Ich kenne den Weinort durch meine Familie, meine Mutter lebt da, mein Vater ist in Mayschoß begraben, und ich habe schon früher Theater- und Videoprojekte mit Jugendlichen in der Verbandsgemeinde gemacht. Werner Söller vom Jugendbüro, der frühere Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Hermann Heiser, und Prinz Pierre von Arenberg haben das initiiert und gefördert.

GA

Wo sind Sie aufgewachsen, und wie sind Sie zum Theater gekommen?

Engelhardt

Ich bin in Bonn geboren und habe schon mit 13 Jahren auf dem Hardtberggymnasium mit dem Theaterspielen angefangen. Nach dem Abi bin ich zur Westfälischen Schauspielschule nach Bochum gegangen.

GA

War das richtungweisend?

Engelhardt

Auf jeden Fall. Claus Peymann war Intendant am Schauspielhaus Bochum, ich habe da tolles Theater gesehen. Peymann hatte das Theater „Rote Grütze“ eingeladen. Die Berliner kamen mit einem fast vier Stunden langen Stück „Mensch ich lieb dich doch“, anti Drogen und pro Leben – und die Jugendlichen wollten nicht mehr nach Hause. Da wollte ich mitmachen, dabei sein, das war mein Theater.

GA

Welche Theater-Erfahrungen waren für Sie wichtig?

Engelhardt

Ich war beim Freien Theater, wo jeder von A bis Z alles macht und alles im großen Team besprochen wird. Wichtig war die Zeit in Hamburg. Wir haben die alte „Kampnagelfabrik“, in der das Hamburger Schauspielhaus zeitweise untergebracht war, vor dem Abriss und als Spielstätte für die Freien Theater gerettet.

Wichtig war auch die Zeit in den 80er Jahren im Theaterhof Priessenthal in Bayern, ein selbstverwaltetes reisendes Zelt-Theater. Später habe ich unter anderem klassisches Tourneetheater gemacht, am Kleinen Theater in Bad Godesberg gespielt, war im Osten, in Halle engagiert und hatte Gastrollen am Bonner Schauspielhaus, wo ich Michael Prelle kennen gelernt habe. Der tritt am zweiten Abend der Eröffnung in Mayschoß mit einer literarischen Weinlese auf. Das sollten sich Weinfreunde nicht entgehen lassen.

GA

Müssen wir uns in Mayschoß auf alternatives Theater gefasst machen?

Engelhardt

Nach der Eröffnung erwartet uns alle ein Prozess. Raum, Programm und Publikum müssen zusammenfinden. Für mich am wichtigsten ist im Moment, dass Publikum kommt, die Menschen sollen neugierig werden, das Theater muss sich etablieren. Theater muss aber auch geistig fordern und gemocht werden.

GA

Sie haben ein eigenes Stück für Mayschoß erarbeitet.

Engelhardt

Ja, „Narrenschallen“ soll in diesem Jahr das „Herz“ der Bühne sein. Es ist eine theatrale Chronik mit Musik zum Thema 1 000 Jahre Mayschoß, Saffenburg, Ahrtal, Region. Die Uraufführung ist am Donnerstag, 24. Mai, mit ständigem Einlass ab 18 Uhr.

GA

Wie ist das zu verstehen?

Engelhardt

Es werden vergnügliche Abende mit Musik und einer Szenenfolge aus der Geschichte des Saffenburger Landes. Wir suchen uns historische Momente aus, legen eine Lupe darauf. Die Mayschosser Chronik von Sebastian Schmitz, vor allem die Urfassung, enthält eine Fülle von unerhörten Geschichten, die noch niemand gehört hat. Es ist das Spiel eines Narren, der unsterblich ist, was er gar nicht witzig findet.

Zwischen den Szenen sind kleine Pausen, so dass immer neue Gäste kommen können, niemand in Zeitdruck gerät. Das Stück ist bis einschließlich Pfingstmontag zu sehen, am langen Wochenende nach Fronleichnam und dann wieder zum Weinblütenfest.

GA

Wie geht es danach mit dem Theater weiter?

Engelhardt

Lassen wir uns überraschen. Wenn das Publikum seinen Weg nach Mayschoß gefunden hat, können wir richtig schöne Geschichten machen. Für das Dorf plane ich übrigens ein Klavierkonzert am Karfreitag oder zu Weihnachten, einen künstlerischen Aschermittwoch, vielleicht auch Lesungen aus Goethes Faust zu Ostern.

GA

Sie sind nicht nur Leiter des neuen Theaters, sondern auch Schauspieler. Was spielen Sie am liebsten?

Engelhardt

Shakespeare, aber das ist nicht so wichtig, wichtig ist, mit wem. Außerdem ist nichts langweiliger, als in ein Fach gesteckt zu werden.

Artikel vom 12.05.2007


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